Ausbildung für Feuerwehrleute: Viel Bedarf, wenig Angebot MdL

zurück zur Übersicht
04.03.2019
Passau

Einmal Feuerwehrmann – ein Leben lang Feuerwehrmann! Das gilt schon lange nicht mehr! Wie groß die Fluktuation ist und wie sehr die Anforderungen an die Feuerwehr gestiegen sind, war Thema eines Gespräches zwischen dem FDP-Landtagsabgeordneten Alexander Muthmann, dem neuen Passauer Stadtbrandrat Andreas Dittlmann und dem ebenfalls neu gewählten Stadtbrandinspektor Florian Emmer. Die beiden Feuerwehrfunktionäre schilderten dem Politiker, wie sehr die Schere zwischen dem Ausbildungsbedarf und den tatsächlich zugeteilten Lehrgangsplätzen auseinandergeht. „Maximal ein Drittel der beantragten Lehrgänge wird genehmigt“, berichtete Dittlmann. Seine Forderung an den Freistaat Bayern: „Professionelle Einsätze verlangen professionelle Ausbildung. Da muss viel mehr passieren!“ MdL Alexander Muthmann versprach Unterstützung: „Das Innenministerium muss Farbe bekennen. Hier besteht offensichtlich dringender Nachholbedarf!“
Der Termin fand in der Hauptfeuerwache in Passau statt. Landtagsabgeordneter Alexander Muthmann kam mit Zahlen aus dem Bayerischen Innenministerium zum Antrittsbesuch bei Stadtbrandrat Andreas Dittlmann. Laut Statistik waren 2016 für die elf Feuerwehren in der Stadt 321 Lehrgänge beantragt, aber nur 84 zugeteilt worden. „Damit leben wir seit Jahren“, kommentierte Dittlmann die Zahlen. Das Ausbildungsangebot des Staates an den drei Feuerwehrschulen Würzburg, Regensburg und Geretsried lasse die veränderten Rahmenbedingungen völlig unberücksichtigt. „Ohne die Studenten könnten wir den Dienstbetrieb tagsüber im Kerngebiet von Passau gar nicht aufrechterhalten“, schilderte Dittlmann die Situation. Die Hauptfeuerwache zum Beispiel bewältige im Jahr 500 Einsätze mit 70 Leuten. Um
während des Tages die Schlagkraft in den Randbereichen zu gewährleisten, rückten im Bedarfsfall hauptamtliche Gerätewarte von der Hauptfeuerwache aus. Neun von ihnen seien bei der Stadt Passau angestellt.
Zum Glück habe man 2010 begonnen, die Nachwuchsarbeit zu verstärken und zusätzlich eine Hochschulgruppe Feuerwehr aufzubauen. Diese Aufgabe habe damals der Student Philipp Brachtendorf übernommen, der in der Passauer Feuerwehr engagiert war. Nachdem die meisten Studenten aber nur begrenzte Zeit in Passau blieben, sei ein häufiger Wechsel die Folge. Ein weiterer Grund für die zunehmende Fluktuation: Aktive Feuerwehrmänner ziehen, wenn sie eine Familie gegründet haben, von der Stadt in den Landkreis, weil sie dort günstiger bauen können oder die Mieten billiger sind, berichtete Dittlmann: „Für die Feuerwehr in der Stadt sind sie dann verloren! Wir fangen beim Nächsten wieder von vorne an!“
An verschiedenen Beispielen schilderten die Feuerwehr-Führungskräfte, wie sehr sich die Anforderungen an die Einsatzkräfte geändert haben. Wenn die Feuerwehrleute früher zur technischen Hilfeleistung an einen Unfallort kamen, fanden sie entweder einen Diesel oder einen Benziner vor. Heute sind es Diesel, Benziner, Elektroautos, Hybridfahrzeuge, Wasserstoff- oder Erdgasautos. Ähnlich bei einem Wohnhausbrand: Früher gab es eine Holz-, eine Öl- oder eine Gasheizung. Inzwischen hat man es auch mit Photovoltaik auf dem Dach, Pelletsheizungen oder Wärmewandlern zu tun. „Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten verlangen mehr denn je eine professionelle Ausbildung und die gewährleisten die drei Staatlichen Feuerwehrschulen am besten“, waren sich Andreas Dittlmann und Florian Emmer einig. Auch die zunehmenden Gefahrgut-Einsätze – sieben waren es im vergangenen Jahr - verlangten eine professionelle Vorbereitung. Dittlmann erinnerte in diesem Zusammenhang an den Großeinsatz am 25. Juli 2018 am Passauer Güterbahnhof. Dort war aus einem Kesselwagen explosives Gas ausgetreten. „Die große Herausforderung bestand darin, das defekte Ventil auszutauschen. Sonst hätte man die 46 Tonnen Gasladung in einen leeren Tankwagen pumpen müssen“, beschrieb Dittlmann das Szenario und betonte: „Ohne eine professionelle Ausbildung geht da gar nichts!“
Der Staat dürfe die Ausbildung nicht aus der Hand geben, legten Dittlmann und Emmer Alexander Muthmann nahe. Nur so sei das gleiche Qualitätsniveau im ganzen Land gewährleistet. Die beiden Feuerwehrfunktionäre halten auch nichts davon, dass einzelne Feuerwehrleute als Multiplikatoren Lehrgänge an den Feuerwehrschulen absolvieren und dann die Ausbildung in ihren Heimatverbänden selbst leisten. „Die Ausbildung vor Ort kann mit der Ausbildung an den Feuerwehrschulen nicht mithalten, denn nur dort gibt es die technischen Übungsmöglichkeiten“, sind Dittlmann und Emmer überzeugt. Sie plädieren dafür, dass sich das Innenministerium beim Ausbildungsangebot erst einmal auf die Basics konzentriert, solange die riesige Kluft zwischen Angebot und Nachfrage besteht: Grund- und ABC-Lehrgänge, Lehrgänge für Drehleitermaschinisten, Gruppenführer-Ausbildung zum Beispiel. Den Absturz einer Cessna als Einsatz zu üben, sei reizvoll. Erst aber müsse die Pflicht kommen, dann die Kür, betonten Dittlmann und Emmer. Der Staat fördere großzügig den Kauf technischer Geräte. Das wünsche man sich auch für die Ausbildung. Nachholbedarf bestehe auch bei der Förderung von Gerätehäusern. Mit der bisherigen Unterstützung ließe sich nicht einmal das Architekten-Honorar bezahlen.
MdL Muthmann versprach eine entsprechende Initiative an den Bayerischen Innenminister Joachim Herrmann. Seine Überzeugung: „Die ehrenamtliche Feuerwehrfamilie darf erwarten, dass der Staat als engagierter Dienstleister auftritt!“ Das finden auch der 51-jährige Stadtbrandrat Andreas Dittlmann und der 39-jährige Stadtbrandinspektor Florian Emmer. Seit ihrem 20. Lebensjahr stehen sie im Dienst der Feuerwehr, jetzt an vorderster Stelle, vergleichbar mit der Spitze eines mittelständischen Betriebes, nur eben auf ehrenamtlicher Basis. Warum sie das tun? Dittlmann und Emmer überlegen kurz, nennen dann zwei Motive: den Mitmenschen helfen, Affinität zur Technik! Und: es sei schon eine hohe Ehre!


- DT


Stadt PassauPassau

Quellenangaben

Heidi Wolf, Abgeordnetenbüro Muthmann
Bildupload: Daniela Tanzer

Sie möchten Ihren Bericht regional bewerben?

Alle Informationen und Ihren Ansprechpartner finden Sie HIER.



Kommentare

Bitte registrieren Sie sich um hier Kommentare eintragen zu können!
» Jetzt kostenlos Registrieren oder haben Sie Loginprobleme?


Ähnliche Berichte

Stadt Passau stattet Löschfahrzeuge mit Defibrillatoren ausPassau Die Stadt Passau hat es sich zur Aufgabe gemacht, jedes Löschfahrzeug im Stadtgebiet mit einem Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED) auszustatten. Vom Fortgang der Maßnahme überzeugte sich Oberbürgermeister Jürgen Dupper nun bei einem Ortstermin in der Hauptwache.Mehr Anzeigen 17.04.2021Passau treibt Digitalisierung bei den Feuerwehren voranPassau Für den Zeitraum 2020 bis 2022 hat die Stadt Passau das Programm „Digitalisierung 2.0“ der Feuerwehren auf den Weg gebracht. Dies ermöglicht kabelloses Internet (WLAN) in allen Feuerwehrgerätehäusern, ein Funknavigationssystem für die Fahrzeuge und Tablets mit vielen hilfreichen Funktionen für die Einsatzleiter.Mehr Anzeigen 11.04.2021Neue Schutzausrüstung für Atemschutzgeräteträger der Passauer FeuerwehrenPassau Nach drei Jahren Planung, Testphase und Ausschreibung war es kürzlich so weit: Sämtliche Feuerwehren der Stadt Passau konnten neue Schutzbekleidung für ihre Atemschutzgeräteträger in Empfang nehmen.Mehr Anzeigen 04.04.2021Freiwillige Feuerwehr Schalding links der Donau: Anbau am Gerätehaus geht gut voranPassau Das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Schalding links der Donau wird aktuell erweitert. Auch wenn es Corona-bedingt bereits zu Verzögerungen kam, wird für Juni 2021 mit der Fertigstellung gerechnet.Mehr Anzeigen 03.01.2021Freiwillige Feuerwehr Grubweg erweitert: Oberbürgermeister besichtigt BaustellePassau Die Freiwillige Feuerwehr Grubweg braucht mehr Platz. Aus diesem Grunde wird derzeit am bestehenden Gebäude ein Anbau errichtet. Oberbürgermeister Jürgen Dupper machte sich kürzlich ein Bild von der Maßnahme.Mehr Anzeigen 19.10.2018150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Ilzstadt: Oberbürgermeister übernimmt SchirmherrschaftPassau Die Freiwillige Feuerwehr Ilzstadt kann heuer ein ganz besonderes Jubiläum feiern. 150 Jahre ist es her, dass der Verein gegründet wurde. Um diesen Anlass gebührend zu feiern, haben sich die Verantwortlichen um den Vorsitzenden Andreas Hühn schon für die Patenbitte etwas ganz Besonderes einfallen lassen.Mehr Anzeigen 21.06.2018