Stadtgeschichten: Spiegelau und das Glas

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03.03.2021
Spiegelau

Spiegelau ist eine niederbayerische Gemeinde mit fast 4000 Einwohnern und gehört zum Landkreis Freyung-Grafenau. Interessant ist gleich zu Beginn das Wappen des Ortes, das hat nämlich symbolhaften Charakter zum Namen: Es zeigt einen Spiegel mit einem roten Rahmen, dahinter befindet sich ein blauer Balken. Sowohl das Wappen als auch der Ortsname verraten dem Unwissenden aber schon, dass Spiegelau ein wichtiger Glashüttenstandort war und dadurch ausschlaggebend für die Industrie dort war – aber dazu später. Der blaue Balken im Hintergrund steht übrigens für das Wappen der Landgrafen von Leuchtenberg, welche Spiegelau erschlossen haben.

Zuerst mal zum Anfang zurück: Die Besiedlung des Gebietes um Spiegelau herum kann auf das Mittelalter zurückgeführt werden. Verzeichnisse von früher besagen, dass die Orte Oberkreuzberg („Kreitzperg“), Klingenbrunn („Chlingprun“), Palmberg, Langdorf, Hirschschlag, Augrub und Winkelhof um 1395 bereits existierten.

Historisches Bild von Spiegelau
Historisches Bild von Spiegelau


Allerdings wurde erst ab Ende des 15. Jahrhunderts damit begonnen, die Holz- und Quarz-Ressourcen der Gegend auszunutzen. In Klingenbrunn wurde da dann bereits Glas erzeugt und in Hirschschlag zum Beispiel Glasperlen hergestellt. Zu diesem Zeitpunkt ist auch die Gründung von Spiegelau („Spiglaw“) als Glashüttenstandort bekannt. Bekundet wurde dies durch die Übergabe der beiden Glashütten Spiegelau und Klingenbrunn durch den Grafenauer Bürger Erasmus Mospurger an die Grafenauer Pfarrkirche.

Bis ins 19. Jahrhundert blieb allerdings Oberkreuzberg der größte Ort in der Gegend – Erwähnungen einer Kapelle gibt es bereits aus dem 15. Jahrhundert, im 16. Jahrhundert soll schließlich die Kreuzberger Kirche St. Magdalena errichtet worden sein, ab 1607 galt diese als Nebenkirche der Pfarrei Schönberg.

Gasthof zur Post Spiegelau
Gasthof zur Post Spiegelau


1832 verkaufte der Glashüttenherr Felix von Hilz seinen Besitz an das Königreich Bayern und ebnete so den Weg für zahlreiche Unternehmer, die die Glashütten erfolgreich weiterbetrieben. Dadurch wuchsen die Ortschaften, wie z.B. Klingenbrunn und Kreuzberg, enorm. Auch die Spiegelauer Glashütte unter Anton Stangl wurde mit großem Erfolg weitergeführt, nachdem sie vorher stillgelegt war. Neben der Glasindustrie bildete sich auch ein Industriezweig für die Holzwirtschaft heraus. Durch einen Eisenbahnanschluss im Jahr 1890 wurde dies weiter unterstützt und führte zu hunderten Arbeitsplätzen in der Region. Nachdem in Spiegelau 1901 eine evangelische Kirche, 1902 die erste Schule und 1917 eine katholische Pfarrkirche erbaut wurde und sich Spiegelau weiter zu einem Industriestandort ausbildete, wurde auch ein weiterer Zweig wichtig für die Region: der Tourismus. Auswärtige Besucher schätzten damals die Lage der Ortschaft mitten in der Natur, wie z.B. die Steinklamm.

Steinklamm Spiegelau
Steinklamm Spiegelau


Nachdem die Spiegelauer Glashütte 1913 wieder stillgelegt wurde, wurde sie allerdings schon vier Jahre später vom Nürnberger Unternehmen Bing aufgekauft. Dadurch wurde eine Weiterentwicklung zur Kristallglasfabrik Spiegelau GmbH angestoßen und entwickelte sich zum größten Arbeitgeber des Ortes. Mit einer Zwischenphase, durch den zweiten Weltkrieg bedingt, wurde sie durch die Familie Pretzfelder und Direktor Willy Danzmann betrieben und wurde nach deren Tod weiter verkauft. Der heutige Eigentümer, das Unternehmen Riedel Glas, stellte die Produktion 2008 ein.

Die „Glasstraße“, die heute gut bekannt ist und von Neustadt an der Waldnaab bis hin nach Passau führt und dabei über Spiegelau läuft, wurde 1997 von Bundeskanzler Kohl eröffnet. An dieser Straße liegen Orte, die wichtig für die damalige und heute Glasherstellung und – handel sind. In Spiegelau kann man sich heutzutage zum Beispiel in einer Hüttenführung die Herstellung des Echtkristallglases zeigen lassen. Durch die Einrichtung des Technologiezentrums für Heißglastechnologie wird die Tradition auch noch heute in einer etwas anderen Form von Deggendorfer Studenten weitergeführt.

Panorama Spiegelau
Panorama Spiegelau

 

Was übrigens heutzutage auch immer noch sehr wichtig für den Ort ist, ist nicht nur das Glas, sondern auch die Natur rundherum. Mit der direkten Lage am Nationalpark Bayerischer Wald bietet die Region absolute Erholung für Einwohner, aber auch Touristen.


- SH


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