Frymburk/Tschechien. Zusammenwachsen, ohne die eigene Identität zu verlieren. Das war das Kernthema der trilateralen Konferenz „30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im Dreiländereck“ am 17. April 2019 in Frymburk. Zahlreiche Redner aus Politik und Kultur der Grenzregionen Bayern, Österreich und Tschechien, darunter die stellvertretende Landrätin von Freyung-Grafenau, Renate Cerny, warben für eine anhaltend gute grenzüberschreitende Zusammenarbeit und neue trilaterale Projekte.
„Wir haben heute ganze Generationen, die in einem vereinten Europa aufgewachsen sind. Ganze Generationen, die nicht wissen, wie bedrückend und ernst eine Grenze ist“. Mit diesem Zitat begann Renate Cerny, stellvertretende Landrätin von Freyung-Grafenau, ihr Grußwort bei der internationalen Konferenz zur Erinnerung an den Fall des Eisernen Vorhangs vor 30 Jahren.
Die Veranstaltung wurde organisiert und mitgestaltet durch den Vorsitzenden der tschechischen Tourismusorganisation Liponsko, Jiří Mánek, der zahlreiche Redner aus den drei teilnehmenden Ländern gewinnen konnte. Der Landkreis Freyung-Grafenau unterstützte dieses Projekt von bayerischer Seite organisatorisch und medial. Themen waren die Entstehung des Eisernen Vorhangs, die aktuelle Zusammenarbeit der aneinandergrenzenden Nachbarländer und die Entwicklung der Grenzregion Bayerischer Wald/Böhmerwald/Šumava. Zwei kurze Dokumentarfilmbeiträge über die Zeit nach der Grenzöffnung warfen die Teilnehmer in die emotionalen Momente dieser Tage zurück und rührten manche Beteiligten sogar zu Tränen. Im Vordergrund stand jedoch vor allem die „touristische und wirtschaftliche Entwicklung dieser dünn besiedelten Region in der Mitte Europas“, wie Mánek betonte.
Gebannt lauschen die Konferenzteilnehmer dem Vortrag von PhDr. Ladislav Čepička zum Thema „Die Entstehung des Eisernen Vorhangs“, links: PhDr. Ladislav Čepička, am Fenster im Hintergrund: der Vorsitzende der tschechischen Tourismusorganisation Jiří Mánek; rechts vorne: die stellvertretende Landrätin von Freyung-Grafenau Renate Cerny; daneben: Bezirkshauptfrau Wilbirg Mitterlehner aus dem oberösterreichischen Bezirk Rohrbach sowie der Pressesprecher und für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zuständiger Sachgebietsleiter des Landratsamts Freyung-Grafenau Karl Matschiner.
Nach Aussage der Bezirkshauptfrau Wilbirg Mitterlehner, aus dem öberösterreichischen Bezirk Rohrbach, die sich selbst noch gut an die Zeit des Eisernen Vorhangs erinnern konnte, war dessen Fall eine große gesellschaftliche, wirtschaftliche und touristische Bereicherung für das Dreiländereck. Die tschechische Bezirkshauptfrau von Südböhmen Ivana Stráská zeigte sich glücklich darüber, dass „die frühere Trennlinie zwischen unseren Ländern heute nur noch eine imaginäre Linie ist“.
Eine besondere Herausforderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sind vor allem die trilateralen Projekte. Als Beispiele dafür wurden die touristische und heimatkundliche Darstellung des Schwarzenbergischen Schwemmkanals als Bindeglied der Nationen, eine großangelegte, länderübergreifende Waldbrandübung im Dreiländereck im Sommer 2017 oder der „Sparkassen-Landkreis-Laufcup“, genannt.
Der am Landratsamt Freyung-Grafenau für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zuständige Sachgebietsleiter, Karl Matschiner, hob insbesondere die unerlässliche Unterstützung der Euregio Bayerischer Wald – Böhmerwald – Unterer Inn, sowie der Europaregion Donau-Moldau für Kooperationsprojekte mit unseren Nachbarn hervor.
Einträchtig zusammen (von links nach rechts): die Bezirkshauptfrau Wilbirg Mitterlehner aus dem öberösterreichischen Bezirk Rohrbach, die tschechische Bezirkshauptfrau von Südböhmen Ivana Stráská und die stellvertretende Landrätin von Freyung-Grafenau Renate Cerny.
Den Konferenzteilnehmern standen Simultandolmetscher zur Verfügung, denn, so betonte Matschiner: „Sprache verbindet!“. Im Zuge dessen verwies er auch auf die tschechischen Sprachkurse und Bildungsfahrten, die dazu beitragen sollen, die Sprachbarriere zu überwinden und in Kontakt mit der tschechischen Bevölkerung zu treten.
Mit diesem Ziel verwies Jiří Mánek auch auf zukünftige gemeinsam geplante Projekte. Die Tourismusregion Lipensko plant im Oktober diesen Jahres eine gemeinsame trilaterale Sternwanderung zum Dreiländereck. Auch ein, mit den Flaggen von Deutschland, Österreich und Tschechien gestalteter, Heißluftballon, der die frühere Grenze des Eisernen Vorhangs symbolhaft überwinden soll, wäre von den tschechischen Nachbarn am Lipno-See angedacht.
Als zusammenfassendes Fazit der gesamten Veranstaltung lässt sich feststellen, dass mit dem Fall des Eisernen Vorhangs unsere gemeinsame Grenzregion in die Mitte Europas gerückt ist.