Das diesjährige Sommer-Spezial befasst sich mit den Schönheiten und Reizen unserer Heimat, dem Bayerischen Wald. Ganz nach dem Motto „So schee is dahoam“ macht sich Stephen Hahn auf und erkundet in der mehrteiligen Serie verschiedene Facetten des Bayerischen Waldes – zur Nachahmung empfohlen für Jung und Alt, für Einheimische und Touristen.
Den Authentik-Bereich von Pullman City sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Abseits der Shows und des Gewusels auf der Main Street, in den Saloons und Cantinas, ganz unten im Tal gelegen, kann man hier die wirklichen Cowboys und Cowgirls, Indianer, Siedler und Farmer erleben. Kind gebliebene Erwachsene, die ihren Traum vom Wilden Westen leben, auf ihren gepachteten Claims, in ihren selbst gebauten Hütten. Im Authentik-Bereich stehen insgesamt 30 Hütten. Jede bildet einen Ausschnitt der amerikanischen Geschichte ab, sei es die Zeit der Unabhängigkeitserklärung im 18. Jahrhundert, sei es der Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten, sei es die Zeit der Trapper und Indianer.
Mein Weg führt mich zur Freeman's Farm, einem Claim mit zwei Hütten, einem Schuppen sowie einem Lehmbackofen. Hier wohnen Richard, seine Frau Hilde sowie Hans und seine Frau Hanna.
Seine Liebe für diese Art des Lebens hat Richard schon vor über 60 Jahren entdeckt, als er mit seinen Pfadfinderfreunden viel Zeit auf dem Fahrrad verbrachte, oft zeltete, Feuer machte und schnitzte. Das war für ihn das reinste Buamaglück. Und daraus resultierte schließlich auch sein Interesse an der Indianistik, an der Literatur, an den Romanen. Richard nennt es sein eigenes Kopfkino.
Handwerk und Schmakerl aus dem Lehmbackofen
Vor 20 Jahren besuchte Richard dann zum ersten Mal mit seiner Frau Pullman City und war sich sofort klar: "Weibi, da fahrn ma wieder mal runter." Und so kamen sie regelmäßig nach Eging in die Westernstadt und begannen auch, immer öfter zu übernachten. Vor zehn Jahren hat Richard dann in 40 Tagen daheim in Waldhausen im Landkreis Traunstein die zwei Hütten gebaut und mit dem Lastwagen nach Pullman City, auf seinen Claim gebracht. Und die Freeman's Farm war geboren. Dort verbringen sie nun einen Großteil ihres Rentnerdaseins, als deutsche Auswandererfamilie im Mohawk-Tal.
Die Siedler sind fleißige Handwerker. Hilde fertigt kleine Kunstwerke an ihrem Webstuhl. Richard und Hans beschäftigen sich vor allem mit den Dingen des täglichen Bedarfs. Sie schreinern Stühle, Tische und Bänke, betreiben eine Seilerei mit historischem Werkzeug, nähen Taschen aus Leder, schmieden Messer, stellen ihre eigenen Kerzen her. Und nach getaner Arbeit wird gekocht, natürlich über dem offenen Feuer oder im Lehmbackofen: Schmandfleckerl würden darin besonders lecker werden, berichtet Richard.
Sehne als Faden
Bedächtig schlendert Cheyenne-Indianer Icamani mit seiner Frau durch die Main Street. Icamani bedeutet "Der neben einem geht". Im Black Bison Saloon lassen sie sich nieder und bestellen etwas zu trinken. Wasser, ohne Feuer, gönnt sich Icamani an diesem warmen Sommertag. Aus Offenbach stammt der überzeugte Indianistik-Fan, von Beruf ist er Grafiker. Die Indianistk betreibt er als Hobby, aber eigentlich lebt er sein Hobby, er geht auf in dem Mythos Indianer. Viel Literatur hat er zu dem Thema gewälzt, auch wissenschaftliche Studien gelesen. Karl May zählt für einen richtigen Indianistiker selbstverständlich nicht dazu. Der war ja nie im Wilden Westen, hatte sich alles in seiner Phantasie ersonnen.
Eine andere Einstellung zum Leben habe er durch sein Hobby bekommen, so Icamani. Heute hat er sich sein Warshirt angezogen, den Sonntagsanzug sozusagen. Für Kriegszüge musste das Warshirt natürlich auch herhalten. Alle Klamotten näht er sich selbst aus authentischen Materialien. Der Schulterbereich seines Leder-Warshirts ist mit einer Sehne zusammengenäht, Arme und Beine werden mit einem Lederband zusammengehalten. Muster und Farben wechseln mit den Jahreszeiten. Farben sind für Indianer heilig. Sie symbolisieren den gesamten Lebenskreislauf sowie bestimmte Tugenden. Die Farben Schwarz, Rot, Weiß und Gelb entsprechen den vier Himmelsrichtungen. Daraus entwickelt er die Farben für sein Warshirt, seine Leggins und seinen Lendenschurz.
Pullman City ist auf jeden Fall immer einen Abstecher wert, auch abseits der Thementage, der großen Shows und Konzerte. Hier rührt sich was. Hier sind Vergnügen und Geschichte Trumpf.