Abkehr von Inzidenz als alleinigen Faktor für Öffnungen gefordert

zurück zur Übersicht
23.05.2021
Passau

Der Blick auf die Lage der niederbayerischen Wirtschaft zeigt ein überaus differenziertes Bild. In jedem Fall ist die Bewältigung der Krise aber für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit großen Herausforderungen verbunden. MdL Walter Taubeneder informierte sich daher beim Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern, Alexander Schreiner, über den aktuellen Status quo in der niederbayerischen Wirtschaft, über Stimmungsbilder in den einzelnen Branchen und die sich aus der Corona-Krise heraus abzeichnenden oder verstärkenden wirtschaftlichen Trends.

Beispielsweise der stationäre Handel, das zeigte das Gespräch, steckt weiterhin in der Corona-Krise. Während allen voran der Online-Handel von der Krise profitiert und auch der Lebensmittelhandel sowie die Bau- und Gärtenmärkte vergleichsweise gut durch die Pandemie kommen, laufen die Geschäfte im stationären Handel überaus schlecht. Zwar zeichnet sich bisher keine erhöhte Insolvenzquote im Handel ab, was zum Teil auch mit den staatlichen Hilfen zu tun hat. Immer offensichtlicher werden aber gerade in den Innenstädten und Ortskernen stille Geschäftsaufgaben und ein sich damit verstärkender Strukturwandel. Viele Händler haben versucht, sich in der Krise mit bestehenden oder neu geschaffenen Online-Angeboten über Wasser zu halten und sich damit ein zweites Standbein aufzubauen. Insbesondere beim Verkauf über Plattformen wie Amazon war dies aber bei Weitem nicht bei allen erfolgreich.

„Die Schließung des Einzelhandels im Lockdown stellt insbesondere die kleineren Ladenbesitzer vor existenzielle Probleme. Angebote wie Click-and-Collect und Click-and-Meet, die teilweise noch mit einer zusätzlichen Testpflicht belegt sind, stellen für viele Kunden keine attraktive Alternative dar“, fasste Schreiner die ihm vorliegenden Rückmeldungen zusammen. Auch dürfe nicht unterschätzt werden, welche Bedeutung Feste oder Veranstaltungen für Ladengeschäfte in den Zentren haben. Gibt es – wie zuletzt – etwa keine Märkte und sind Cafés und Restaurants geschlossen, so haben auch die innerstädtischen Einzelhändler deutlich weniger Kundenfrequenz, selbst wenn sie zu regulären Konditionen öffnen dürften. „Wir haben an dieser Stelle das Problem, dass viele Läden nicht mehr kostendeckend betrieben werden können“, so Schreiner weiter. MdL Taubeneder zeigte sich „ernsthaft besorgt“ über diese Entwicklung und die Zukunft der Einzelhandelsstruktur in den Innenstädten.

Überwiegend positiv lasse sich hingegen die Situation in der Industrie bewerten. Anders als zur Zeit des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 seien in diesem Jahr bisher weniger Lieferkettenunterbrechungen eingetreten und auch die Nachfrage hatte zuletzt wieder angezogen, wie Schreiner berichtete. Die gute Geschäftslage in Industrie und Baugewerbe sei auch deshalb ein wirtschaftlicher Lichtblick, weil der Anteil dieser Branchen an der niederbayerischen Wertschöpfungsquote besonders hoch ist, so die Bewertung des IHK-Hauptgeschäftsführers. Neue Risiken für die Branche sind ihm zufolge jedoch etwa Rohstoffknappheit, steigende Energiepreise oder weiterhin der Fachkräftemangel.

In der niederbayerischen Wirtschaft zeigt sich ein differenziertes Bild: MdL Walter Taubeneder (rechts) im Austausch mit IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner zur aktuellen Situation der niederbayerischen Wirtschaft.In der niederbayerischen Wirtschaft zeigt sich ein differenziertes Bild: MdL Walter Taubeneder (rechts) im Austausch mit IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner zur aktuellen Situation der niederbayerischen Wirtschaft.


Mit am stärksten von den pandemiebedingten Einschränkungen betroffen sind wiederum die Gastronomie und Hotellerie, der gesamte Tourismus-, Freizeit- und Veranstaltungssektor sowie der kulturelle Bereich. Allen voran im stark auf den Tourismus ausgerichteten Bäderdreieck zeigt sich die Problematik: Die dortigen Hotel- und Gastronomiebetriebe sind seit über einem halben Jahr geschlossen und daher zum Großteil von staatlichen Hilfen abhängig. Gleichzeitig haben sie mit einer zunehmenden Abwanderung ihrer Mitarbeiter in andere Branchen zu kämpfen, wobei gerade jetzt, da erste Öffnungsperspektiven erkennbar sind, diese Fachkräfte dringend benötigt würden. Um den betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmern mehr Sicherheit bieten zu können, plädierte MdL Taubeneder an dieser Stelle für inzidenzunabhängige Öffnungen, wie sie beispielsweise auch in Österreich und der Schweiz vorgenommen wurden.

„Es ist weder für die Hoteliers noch für die tausenden Beschäftigten in der Hotellerie zumutbar, dass bei entsprechender Überschreitung der 7-Tage-Inzidenz von 100 binnen weniger Tage wieder die Schließung droht“, betonte der Abgeordnete. Auch IHK-Hauptgeschäftsführer Schreiner forderte, dass für Öffnungsschritte in der gesamten Wirtschaft nicht die Inzidenz als einziger und alleiniger Wert herangezogen wird – andere Faktoren wie etwa die Situation in den Krankenhäusern oder der Impffortschritt müssten ebenso Berücksichtigung finden.

Nachdem sich die Lage in vielen Branchen in den vergangenen Wochen und Monaten zunehmend prekärer gestaltete, begrüßten IHK-Hauptgeschäftsführer Schreiner und MdL Taubeneder die zuletzt beschlossenen Öffnungs- und Lockerungsschritte. „In jüngster Vergangenheit haben wir bei vielen Betroffenen überwiegend Resignation, Verzweiflung und auch Wut verspürt. Die nun anstehenden Lockerungen dürften somit sowohl in der Wirtschaft wie auch gesamtgesellschaftlich für große Erleichterung sorgen“, so die Hoffnung des IHK-Hauptgeschäftsführers. Doch dieser Kurs müsse fortgesetzt und abgesichert werden: „Wir müssen die Inzidenzabhängigkeit der Öffnungen zugunsten der Planungssicherheit für alle Beteiligten möglichst schnell überwinden und die Öffnungen unter anderem in der Gastronomie und in den Thermen möglichst zeitnah auch auf die Innenbereiche ausweiten“, ergänzte MdL Taubeneder.


- SB



Quellenangaben

Abgeordnetenbüro Walter Taubeneder, MdL
Christoph Weishäupl

Sie möchten Ihren Bericht regional bewerben?

Alle Informationen und Ihren Ansprechpartner finden Sie HIER.



Kommentare

Bitte registrieren Sie sich um hier Kommentare eintragen zu können!
» Jetzt kostenlos Registrieren oder haben Sie Loginprobleme?


Ähnliche Berichte

Symbolbild7-Tage-Inzidenz drei Tage über 50 - Neue Corona-Regelungen für das Stadtgebiet PassauPassau Nachdem die 7-Tage-Inzidenz für die Stadt Passau an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Wert von 35 bzw. 50 überschritten hat, musste die Stadt Passau dies entsprechend der Regelungen der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung heute amtlich bekanntmachen.Mehr Anzeigen 14.05.2021 13:38Striktere Corona-Regelungen ab FreitagPassau Der Wert der 7-Tage-Inzidenz liegt entsprechend der Angaben des RKI den dritten Tag in Folge über dem Wert von 100. Entsprechend der derzeit gültigen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung muss die Stadt Passau dies heute amtlich bekanntmachen.Mehr Anzeigen 10.03.202112. BayIfSMV bringt neue RegelungenPassau Die neu verkündete Zwölfte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) vom 05.03.2020 enthält zahlreiche neue Regelungen, die teilweise bereits ab dem kommenden Montag, 08.03.2021 gelten.Mehr Anzeigen 07.03.2021 13:32Nächtliche Ausgangssperre für die Stadt Passau wird aufgehobenPassau Nachdem die 7-Tage-Inzidenz für die Stadt Passau an sieben aufeinanderfolgenden Tagen den Wert von 100 unterschritten hat, entfällt die aktuell gültige nächtliche Ausgangssperre mit Wirkung ab Dienstag, 02.03.2021, 0.00 Uhr.Mehr Anzeigen 02.03.2021Schulen und Kitas im Stadtgebiet Passau öffnen am kommenden MittwochPassau Der 7-Tage-Inzidenzwert laut RKI beträgt für die Stadt Passau heute 102,3. Da davon auszugehen ist, dass die Inzidenz die nächsten Tage eine fallende Tendenz aufweist, hat die Stadt Passau heute in Absprache mit den Vertretern des staatlichen Schulamts entschieden, die Schulen und Kitas ab kommenden Mittwoch, 24.02.2021 zu öffnen.Mehr Anzeigen 22.02.2021Schulen und Kitas im Stadtgebiet Passau öffnen frühestens am kommenden MittwochPassau Der 7-Tage-Inzidenzwert laut RKI beträgt für die Stadt Passau heute 104,2. Die Stadt Passau hat deshalb heute in Absprache mit den betroffenen Schulleiterinnen und Schulleitern sowie den Vertretern des staatlichen Schulamts entschieden, die Entwicklung des Inzidenz-Wertes am Wochenende abzuwarten und eine Entscheidung über die Öffnung der Schulen und Kitas am kommenden Montag, 22.02.2021 zu treffen.Mehr Anzeigen 19.02.2021