Nach dem Petzi Hof möchte ich Ihnen etwas über den Tanzer-Hof aus Einberg bei Grafenau erzählen, der nun im Freilichtmuseum Finsterau steht.
1879 baute Michael Tanzer, Sohn eines wohlhabenden Bauern des Ortes, am Dorfanger in Einberg den Tanzer-Hof. Martin Tanzer, der Vater von Michael Tanzer, bewirtschaftet einen der größten Höfe im Dorf Einberg. Dadurch war es wohl auch möglich einen Teil abzuspalten und einen neuen Hof für den Sohn Michael Tanzer zu bauen. Mit zehn später fünfzehn Hektar Wald und Wiesen war der Hof zu klein um eine selbstständige Landwirtschaft zu führen, er war damals wohl der kleinste Hof im Dorf.
1900 wurden die Wirtschaftsgebäude wie Werkstatt, Backofen, Wagenschuppen, Waschkuchl und der Stadl angebaut.
Michael Tanzer lebt laut Erzählungen des Enkels wohl etwas über seine Verhältnisse. Um die finanzielle Situation zu verbessern, ließ er damals wohl das ganze vorhandene Holz schlagen, was auch zu Streitigkeiten innerhalb der Familie führte. Dies war wohl auch maßgeblich für die schlechte Lage des Hofs bei Übergabe verantwortlich.
Josef Tanzer musste vorher immer wieder seinem Vater und seinen elf Geschwistern finanziell unter die Arme greifen. Er ging nach seiner Dienstzeit beim Militär nicht zurück nach Einberg, sondern war bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs als Diener und Kutscher im Rheinland tätig. Als erster im Landkreis hatte er einen Führerschein.

Der Tanzer Hof an seinem früheren Standort in Einberg bei Grafenau
1913 übernahm Josef Tanzer den Hof. Er brachte das nötige Geld und auch das technische Wissen durch die Militärs- und Dienstbotenzeit mit.
1917 starb Michael Tanzer.

Josef Tanzer (Fahrer) bei seiner Militärzeit
Bis Kriegsende führten die Geschwister Balbina, Kreszenz und Christian zusammen den Hof. Die einzige Einnahmequelle war der gelegentliche Viehverkauf, da kein Holz mehr vorhanden war. Das Getreide, das angebaut wurde, wurde zum Eigengebrauch verwendet nur sehr wenig davon konnte verkauft werden.
1922 heiratete Josef Tanzer dann Katharina Friedl und sie bewirtschafteten dann gemeinsam den Hof. Katharina brachte viel Heiratsgut mit in die Ehe. Die für die damalige Zeit sehr aufwendige Gestaltung der Schlafkammer und der Fassadenbemalung zeugen davon.
Die Zeichnungen an der Decke sind teils frei gezeichnet und teils auch mit Hilfe von Schablonen angebracht. Die Abschlussborte wurde nur mit Schablonen bemalt. Durch „Mehrschlägige“ Schablonen wurden auch mehrfarbige Dekore möglich. Im Inventar des Hofs konnte man noch einige alte Schablonen aus der Zeit der Jahrhundertwende finden. Jedoch die Zeichnung im Schlafzimmer wurde wohl von einem Maler angefertigt, da sie zu aufwendig für Laienarbeit war. In der Stube kann man auch Walzenmuster finden. Diese wurden nach dem 2. Weltkrieg immer beliebter.

Die Schlafkammer mit schönem Dekor
Aus der Ehe gingen drei Söhne hervor. 1939 starb die Bäuerin sehr früh, zwei der Söhne mussten in den Krieg ziehen.
1955 wurde dann der erste Traktor angeschafft. Dies ging mit einer großen Entbehrung seitens der Familie einher.
1970 starb dann auch der Bauer Josef Tanzer bei einem Unfall.
Der ältere Sohn Josef, der den Hof übernehmen sollte, litt an einer geistigen Erkrankung und konnte den Hof nicht übernehmen. So bleibt der Hof unbewirtschaftet und verfällt langsam. Leider wurde die Ausstattung durch den eindringenden Regen zum Teil zerstört und der Hof wurde mehrfach geplündert und aufgebrochen.

Eingang in das Wohnstadlhaus
Der Tanzerhof ist ein geschlossener Zweiseithof. Zwei parallel stehende Gebäude umschließen mit dem Tor und der Tennenauffahrt den Hof. Das Wohnstadlhaus, mit zwei Stockwerken, beherbergt alle Bereiche eines bäuerlichen Betriebs. Hier wohnt die Familie, es gibt einen Speicher für Heu und einen Stall. Alle drei Bereiche sind in unterschiedlicher Bauweise errichtet, so besteht die Wohnung aus Ziegelmauerwerk, der Stall aus Feldsteinmauerwerk und der Stadel aus Holzständerwerk mit Verbretterung.

Die Original-Stube im Tanzerhof
Das Anwesen ist für damalige Verhältnisse mittlerer Größe. Das Dekor an der Fassade und auch in der Schlafkammer, möchte bürgerlich-städtische Vorbilder nachahmen. Jedoch sieht man an der Hofanlage auch die Begrenztheit des bäuerlichen Wirtschaftens an der Vollerwerbsgrenze. Vieles ist nur aus der Not entstanden.
Nach dem der Hof 1978 nicht in die Liste der Baudenkmäler Bayerns aufgenommen wurde, schreitet der schlechte Zustand des Hofes immer mehr fort. 1984 wurde er dann durch das Freilichtmuseum Finsterau entdeckt und von 1990 bis 1994 übertragen.
Nun kann man den Tanzerhof im Freilichtmuseum Finsterau besichtigen. Sein Dekor in der Schlafkammer ist sehr gut erhalten und man kann so einen Einblick in die damalige Zeit des Tanzerhofs werfen.
Schauen Sie doch mal vorbei…

Freilichtmuseum Finsterau