Regionale Kunst: Christian Fischer und sein Woidrausch‘n

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11.07.2018
Bischofsmais

Zu schreiben begonnen hatte Christian Fischer vor etwa 15 Jahren. Damals veröffentlichte er sein erstes Buch Die Fee vom Falkenstein. Entstanden ist bis heute eine Serie von fünf Bänden (Woidrauschen, Woidwinter, Woidherz, Woidgedanken, Woidweihnacht) unter seinem Pseudonym „Der letzte Waidler“. Mit Woidrausch‘n hat er sich nun einer neuen interessanten Herausforderung gestellt. Die Premiere von Woidrausch‘n fand im November 2017 im Niederbayerischen Landwirtschaftsmuseum in Regen vor voll besetzten Rängen statt.       

 

Was passiert in dem Programm Woidrausch‘n? Welche Personen sind beteiligt?

Die beteiligten Personen von Woidrausch‘n sind Ingrid Hupf (Gitarre, Harfe und Gesang), Hermann Hupf (Bass und Akkordeon) sowie meine Person (alle Texte). Sämtliche Melodien des Abends stammen von Ingrid und Hermann Hupf, der Programmablauf wurde von mir zusammengestellt.

Bei Woidrausch´n handelt es sich um kein Bühnenstück im klassischen Sinne. Sollten die Zuhörer nach einer „Story“ suchen, eine erzählte Geschichte erwarten, so werden Sie diese nicht finden. Denn Woidrausch´n ist viel mehr. In unserem Programm haben wir versucht, das gesamte Spektrum von musikalischen und textlichen Möglichkeiten beziehungsweise deren Kombination auszuschöpfen. Das heißt wir haben angefangen von eindringlich gesprochen Texten ohne jegliche musikalische Begleitung, über Texte, die während des Vortragens von beeindruckenden Melodien begleitet werden bis hin zu vertonten Gedichten und Texten oder reinen Instrumentalstücken sämtliche Interaktionsmöglichkeiten für uns genutzt. Auch bei der Auswahl der Melodien war für uns wichtig, keine bestimmte Richtung festlegen zu müssen. Maximale Freiheit in Text und Melodie. Keine Vorgabe. Das war die Vorgabe. Und so kommen die Besucher unserer Veranstaltungen nicht nur in den Genuss von typisch bayerischen, beziehungsweise waidlerischen Melodien, sondern hören darüber hinaus schlagerähnliche Lieder sowie Klänge, die sofort an keltische Weisen erinnern. Die lyrischen Texte werden mal in Gedichtform, dann wieder als Fließtext vorgetragen. Gelegentlich in hochdeutscher Sprache, jedoch überwiegend in bayerischen Dialekt. Die fein abgestimmte Kombination von Musik und Sprache und Thematik zueinander, das Verknüpfen von Melodie und Emotion – das ist der roten Faden von Woidrausch´n.

Ingrid Hupf, C. F., Hermann Hupf - Woidrauschen
Ingrid Hupf, C. F., Hermann Hupf - Woidrauschen

         

Wie gehen Sie beim Schreiben vor? Lassen Sie sich von aktuellen Emotionen leiten, von Stimmungen, Personen, Begegnungen, von der Natur?

Gedichte und Geschichten, Texte und Kurzgeschichten lediglich im Bayerischen Wald zu verorten, nur, weil es hier so schön ist und weil ich zufällig hier geboren wurde, wäre für mich zu wenig. Viele regionale Romane, die man derzeit erwerben kann, haben Handlungen, die ohne Weiteres und mit etwas Fantasie überall stattfinden könnten.

Mein Anspruch war deshalb schon immer ein völlig anderer. Die Gefühle des Waidlers und seine Eigenarten zu beschreiben. Seine Seele zu ergründen. Zu erzählen, was eigentlich das Besondere an der Beziehung des Waidlers zu seinem Woid ist. Das war und ist mein Ziel und die Herausforderung meines Schreibens. Stellen Sie sich einmal vor, Sie gehen ganz alleine an einem Frühlingsmorgen in den Wald. Niemand beobachtet Sie und Sie können also tun und lassen, was Sie wollen. Sie legen sich spontan aus einer Intuition heraus auf den Waldboden, in das Moos, spüren es zwischen Ihren Fingern. Was riechen Sie? Was hören Sie? Welche Gedanken und Emotionen gehen Ihnen durch den Kopf, während Sie Eins mit der Natur werden? Das ist mein künstlerischer Anspruch an mich selbst. Wie ich gerne schreiben und erzählen möchte.

In vielen meiner Text beschreibe ich den Wald und die Berge, die direkt vor unserer Haustüre liegen (Da Bam, s‘Falkenstein-Gedicht, Lusen-Stoanahaffa im Paradies). In anderen Texten gehe ich auf regionale, strittige Themen wie die Borkenkäferproblematik ein, ohne dabei verurteilen zu wollen (Rachel-Trilogie). Dann wiederum versuche ich besonders „amüsante“ und interessante Charaktere zu beschreiben (Opa, vozej ma a G‘schicht), oder erzähle von einer Frau, die immer nur vom Sterben redet, obwohl sie kerngesund ist (I mecht sterb‘n). Es liegt mir fern, dem Bayerischen Wald eine Überdosis Romantik zu verpassen, doch möchte ich in meinen Beschreibungen gerne auf gewisse Grundwerte und Beziehungen zum Woid und den Menschen verweisen, wie sie momentan gerne in Vergessenheit geraten. Die Liebe zur Natur, unser Umgang mit Anderen und Umwelt, aber auch unser Verhältnis zu einer übergeordneten Macht, die man nicht zwangsläufig Gott nennen muss. Selbstverständlich spielt es bei allem, was man zu Papier bringt eine Rolle, in welcher Verfassung ich mich gerade befindet. Man(n) kann ja nur schreiben, etwas von sich geben, was in einem selbst ist. Und dann wirkt es auch authentischer.

Inspiration in den Hochwaldlagen
Inspiration in den Hochwaldlagen

 

Was ist bei der Vertonung von Gedichten zu beachten, wie kann man die darin transportierten Botschaften und Gefühle übertragen?

Die Auswahl für die Texte, die vertont wurden, haben Ingrid und Hermann Hupf getroffen. Wir sind schon seit langem befreundet und so machte ich eines Tages den Vorschlag, ob sie nicht daran interessiert wären, Texte von mir mit Melodien zu unterlegen. Die beiden Musiker waren von der Idee angetan und nahmen sofort meine inzwischen fünf Gedichtbände von „Der letzte Waidler“ (ca. 100 Texte) unter die Lupe, um in den geschriebenen Zeilen nach Inspiration zu suchen. Und sie fanden. Das sich daraus dieses äußerst interessante Projekt entwickeln würde, war zwar zunächst nicht absehbar, es dauerte jedoch nicht lange, bis erste musikalische Vorschläge gemacht wurden.

Lesung Waldverein Viechtach Mundartabend
Lesung Waldverein Viechtach Mundartabend


Ich war begeistert und überrascht, welchen Ausdruck meine Worte durch deren Melodien bekamen. Als ich zum ersten Mal Melodie und Gesang zu meinem Gedicht „Liacht am Horizont“ gehört habe, standen mir die Tränen in den Augen und ich wusste, unser Woidrausch‘n ist etwas ganz Besonderes. Nach und nach, als ich einen Großteil der Melodien von Ingrid und Hermann kannte, begann ich weitere passende Textpassagen mit dem nun vorhandenen Material zu kombinieren. Immer das Ziel vor Augen, den Wald und seine Menschen, unsere Liebe zur Heimat bestmöglich in einem Programm darzustellen. Ob Dialekt oder gelegentlich in hochdeutscher Sprache, daran habe ich dabei selten gedacht. Wir hatten uns selbst maximale gestalterische Freiheit verordnet. Und das macht das besondere Flair von Woidrausch‘n aus.

 

Vielen Dank für das Gespräch.


Serie: Kunst & HandwerkQualität statt Quantität - Kunst und Handwerk aus der Region sind wieder beliebter, denn je!

Quellenangaben

Fotos: Christian Fischer

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