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14.07.2023
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Neue Versorgungsangebote für Mainkofen?

Neuer Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Johannes Hamann lud zum Einstandssymposium

 

Prof. Dr. Johannes Hamann ist seit 1. Januar neuer Ärztlicher Direktor des Bezirksklinikum Mainkofen. Das Klinikum bietet für große Teile Niederbayerns nicht nur die Grundversorgung in den Fächern Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie an, sondern hält auch überregionale bedeutsame Behandlungsschwerpunkte vor. Vor dem Hintergrund massiver gesundheitspolitischer Veränderungsprozesse möchte sich das Klinikum nicht nur der Aufgabe stellen, sich den Veränderungen anzupassen, sondern auch diese für die Verbesserung der klinischen Versorgung der Patienten zu nutzen. An seinem Einstandssymposium am 5. Juli lud Prof. Hamann dazu ein, neue Versorgungsangebote für Mainkofen und die Region zu diskutieren.

„Unsere Medizin steht vor einem Wandel“, so Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl. So sei es eine große Verantwortung des Ärztlichen Direktors, diesen Wandel mit dem Klinikum zu durchleben. „Ich bin mir sicher Sie meistern diese Herausforderung.“

Schon bei der Planung für das Einstandssymposium war sich Prof. Dr. Johannes Hamann sicher: „Hier bin ich richtig.“ Die Impulse für die einzelnen Themen seien sowohl von den Chefärztinnen und -ärzten der verschiedenen Zentren des BK Mainkofen, als auch von Seiten der Pflegedienstleitung gekommen. Diese gute Zusammenarbeit sei dann auch ein guter Grundstein dafür, die Impulse aus dem Symposium in den Klinikalltag zu integrieren.

Den ersten Impuls setzte PD Dr. med. Jens Benninghoff, Chefarzt am Zentrum für Altersmedizin und Entwicklungsstörungen am kbo-Isar-Amper-Klinikum in Haar. Er präsentierte, wie Palliativmedizin in der Gerontopsychiatrie funktionieren kann. „Man muss sich bewusst sein, dass in der Palliativmedizin der Tod nicht als Misserfolg gilt“, mahnte er. Während in anderen Bereich Tod als Notfall gelte, sei er hier Teil des Alltags. „Wir müssen uns stets auf die Bedürfnisse der Patienten einstellen. Uns muss klar sein in welcher Situation, gegebenenfalls in welcher Lebensphase, er sich gerade befindet und uns in seine Welt reinversetzen“, so Benninghoff. Bis zur letzten Minute des Patienten stünde im Vordergrund das Leid der Patienten zu lindern, wo es geht.

Psychiatrieerfahrene als Mitglieder von Behandlungsteams

Auch Klaus Nuißl hilft den Patienten, ihre Krankheit zu überwinden. Der EX-IN-Genesungsbegleiter, Trainer und Diplompsychologe hatte bereits im Alter von 19 Jahren den ersten Kontakt mit der Psychiatrie als Patient. Durch seine Erfahrung im Rahmen mehrerer stationärer Aufenthalte und die Behandlung dort musste er sich intensiv mit dem Thema psychische Erkrankung auseinandersetzen.  Die Prägung als Patient war für ihn jedoch immer stärker, als die Prägung durch sein Psychologie-Studium, weshalb er sich für den Weg als EX-IN-Genesungsbegleiter spezialisiert hat. „Ich will den Patienten das Gefühl geben, dass es möglich ist, die Kontrolle über ihr Leben zurück zu gewinnen“, sagte er. Bereits kurz nach Beginn seiner Tätigkeit im Bezirksklinikum hat Prof. Dr. Hamann sich dem Thema gegenüber offen gezeigt. So sind schnell erste Stellenausschreibungen für Genesungsbegleiter für das Klinikum Mainkofen erfolgt. „Die Expertise von Menschen, die selbst Erfahrungen in dem Bereich gesammelt haben ist sehr wertvoll“, so Nuißl.

Prof. Dr. med. Tilman Steinert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ravensburg–Weissenau, hat sich hingegen einem anderen Thema gewidmet. „Es ist die unangenehme Seite der Psychiatrie“, weiß er. Ein Problem, das man wohl nie vollständig lösen wird: Gewalt und Zwang auf psychiatrischen Stationen. Es sei ein gesellschaftliches Phänomen, dass die Gewalt zunimmt. Natürlich sei es so auch ein Problem auf Stationen. Der Unterschied sei nur: „Wenn jemand in der Öffentlichkeit gewalttätig wird, kommt die Polizei und nimmt ihn mit. In der Psychiatrie, bleibt er da“, betonte Steinert. Mittels unterschiedlicher Ansatzpunkte könne man erreichen Zwangsmaßnahmen und Gewalt in der Psychiatrie zu minimieren. Dies sei auch durch wissenschaftliche Studien belegt “Man hat gesehen, die Mittel zur Verringerung von Zwangsmaßnahmen funktionieren.“ Da müsse man auch weiter dranbleiben. Ganz verhindern könne man so etwas wohl nie.

 

Prof. Dr. Johannes Hamann (vorne 2.v.r.) freut sich zusammen mit (v.l.n.r.) Prof. Dr. Tobias Schmidt-Wilcke, Klaus Nuißl, Stefan Eichmüller (Geschäftsleitung Gesundheitseinrichtungen, Bezirk Niederbayern), Krankenhausdirektor Uwe Böttcher, Lorenz Angermann (Direktor der Bezirksverwaltung), Chefarzt Dr. Bernd Weigel, PD. Dr. Jens Benninghoff und Bezirkstagsvizepräsident Dr. Thomas Pröckl über die gesammelten Impulse

 

Zieloffene Suchtarbeit

Mit der Frage, ob Suchttherapie immer abstinenzorientiert sein muss, beschäftigt sich Prof. Dr. Joachim Körkel vom Institut für innovative Suchtbehandlung und -forschung & der evangelischen Hochschule Nürnberg. „Generell hat jede Reduktion von Suchtmitteln einen positiven Effekt auf die Person und ist ein Schritt in die richtige Richtung“, versicherte er. Die zieloffene Suchtarbeit ermöglicht es den Behandelnden, besser auf die Bedürfnisse der Patienten einzugehen und so zu entscheiden, ob es Ziel sei abstinent zu werden, den Konsum zu reduzieren oder lediglich den Schaden für ihn zu vermindern. „Wir allein können nicht wissen, was für den Patienten am besten ist“, betont er. Eine langfristige Lösung kann nur gemeinsam erarbeitet werden. Um diese Art der Suchttherapie auch am Klinikum zu implementieren, müsse aber ein Wandel stattfinden. Die Haltung der Mitarbeiter, Formalien, die Hausordnung und viele weitere Punkte müssten verändert werden. „Es laufen bereits erste Versuche an verschiedenen Kliniken.“

Prof. Dr. Schmidt-Wilcke, Chefarzt des Zentrums für Neurologie des Bezirksklinikum Mainkofen, beschäftigt sich mit einem immer mehr diskutierten Thema: dem post-Covid-Syndrom. Hierbei handelt es sich um ein vielschichtiges, unzureichend verstandenes Syndrom, mit einem potentiell immensen sozioökonomischen Impact. Allein die Begrifflichkeiten führen in der Bevölkerung zu Verwirrung. Was bedeuten long-Covid und post-Covid? Unterschiede findet man hier bei der Dauer. Von long-Covid ist die Rede von Symptomen vier bis 12 Wochen nach Ausbruch der Krankheit. Post-Covid beschreibt Symptome, die länger als 12 Wochen bestehen bleiben. Die Symptome der Betroffenen sind vielfältig, eine gesicherte kausale Therapie gebe es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. „Im Vordergrund stehen rehabilitative Ansätze“, sagte Schmidt-Wilcke. Rehabilitativ, immunmodulatorisch, psychotherapeutisch - ebenso wie die Symptome, sind auch therapeutische Ansätze vielseitig. Eine neuropsychiatrische Beteiligung sei hier durchaus sinnvoll.

Am kbo-Isar-Amper-Klinikum in Haar läuft seit einigen Jahren die Stationsäquivalente psychiatrische Behandlung (StäB). Der Ärztliche Direktor Prof. Dr. med. Peter Brieger ist davon überzeugt: „StäB bietet uns in allen Aspekten nur Vorteile.“ Patienten werden im eigenen Lebensumfeld durch ein multiprofessionelles Team behandelt. So können sie im gewohnten Umfeld lernen, mit ihrer Erkrankung umzugehen und sogar Angehörige können miteingebunden werden und mindestens einmal am Tag besteht während der Behandlung persönlicher Kontakt zu einem Mitglied des StäB-Teams. Doch nicht nur für Patienten bietet Stäb Vorteile. Weniger Personal, weniger benötigte Klinikbetten – Stäb kann auch genutzt werden, um vollstationäre Aufenthalte zu verkürzen. „Wir müssen weg vom Paradigma Bett‘“, betonte Brieger. Es sei nicht wichtig wie groß ein Klinikum ist, wichtig sei einzig die bestmögliche Versorgung der Patienten.
Schon lange arbeitet Brieger mit Hamann zusammen: „Prof. Hamann hat die Fähigkeit Ideen und Gedanken auf Papier zu bringen.“ Er gratulierte den Mainkofenern zu ihrem neuen Chef und wünscht außerdem, dass er auch hier seine Fähigkeiten bestmöglich zum Einsatz bringen kann.
Prof. Dr. Johannes Hamann hat sich schon jetzt fest vorgenommen Ideen aus dem Symposium künftig in die klinische Arbeit mit aufzunehmen. „Die Vorträge bieten viele Impulse und Anregungen von denen wir künftig nur profitieren können“, weiß er.


- CS


Bezirksklinikum MainkofenMainkofen

Quellenangaben

Bezirksklinikum Mainkofen

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