Bevor nur der „Bestseller“ übrig bleibt

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10.11.2015
Freyung

Einen Bestseller landen, das wollen Autor, Verlag und Buchhandlung. Aber es ist auch ein Kreuz mit ihnen, den Marktbeherrschern. Heute mehr denn je. Denn sie krempeln langsam aber gründlich den Buchmarkt um und drohen, literarische Ödnis zu hinterlassen. Dabei trifft das Buch eigentlich keine Schuld. „Bestseller“ ist da auch oft nicht mehr das Buch, sondern der „Discounter der Literatur“. Es ist eine andere Beziehung, die von „Wert und Kosten“, die dem klassischen Buchhändler zunehmend das Leben schwer macht. Gab es einst an gefühlt jeder Ecke und in jedem Ort, der etwas auf sich hielt, einen Buchladen mit mindestens allen Klassikern oder besonderen Spezialitäten, so sind es mittlerweile in Deutschland gerade noch etwa 6000 von ihnen; Tendenz fallend.

Heinz Lang mit der Urkunde des Buchhandelspreises, die ihn für sein Engagement um das Buch auszeichnet und stolz macht.
Heinz Lang mit der Urkunde des Buchhandelspreises, die ihn für sein Engagement um das Buch auszeichnet und stolz macht.

 

Zwar werden mit Literatur im weiteren Sinn immer noch hohe Umsätze gemacht, aber die Digitalisierung der Welt hält auch hier mächtig Einzug. Statt Lust und Muße am Kulturgut Buch beschäftigen etwa kleine, inhabergeführte Geschäfte oft genug die Not, wie man Online-Branchenriesen, e-Book oder auch dem Kratzen an der Buchpreisbindung begegnen soll. Eine Methode, die immer öfter schweren Herzens genommen wird: Kleinerer Laden, weniger Beratung, ausgedünntes Sortiment mit genau den Bestsellern, die man jetzt überall hat und überall braucht. Und was dann noch? Die Sortimente haben sich verändert, auch wenn über ausgeklügelte Bestelllogistik vielleicht mehr zu haben wäre denn je. Aber wenn erst neben einem Regal mit den „Top Ten“ nur noch die ganze Welt der Kochbücher steht …? Nur noch das, was „in“ ist und geht …? Heinz Lang hat sich mit seinem Freyunger Buchladen da eine andere Richtung gegeben. Er hat sich Raum gegönnt, wo selbst ein kleines Kaffeehaus noch Platz hat, in dem „loriot-plüschige“ Sofas weniger zum Konsum - etwa der seiner überzeugenden Meinung besten Nussecke der Welt - als mehr zum Gespräch einladen. Dazu, zu schmökern und sich selbst Zeit zu schenken. Von dort einen Blick in literarische Vielfalt zu werfen, die das Etikett „Bestseller“ ein gutes Stück weit ausblendet und „den anderen Blick“ in fremdere Buchwelten eröffnet.

„Der andere Blick“ wird übrigens auch der Untertitel eines Buches lauten, das im November 2015 im Verlag „Lichtland“ von Heinz Lang und Hannelore Hopfer erscheinen wird. Warum nur darauf warten, dass ein Buch in den Laden kommt, wie man es sich wünscht? „Lichtland“ ist da selbst aktiv geworden, anachronistisch zu den Trendsettern des Marktes, bewusst regional, Kultur suchend, findend und stiftend. Schon ausdrücklich symbolstark wird „der andere Blick“ unter dem Titel „entfernt, entrückt, entgrenzt“ den Bayerischen Wald zum Thema haben, in seiner historischen Verwurzelung und in seiner modernen Prägung. Da werden sich Bilder (von Sebastian Kalous) in einem abgelaufenen, vergilbten, farbunterlaufenen Polaroidschick wie auf Zeitreise begeben und sich doch mit dem Heute beschäftigen. Da wird der historische „Sur-Verein“ etwas lebenspraktisch Hinterwäldlerisches haben und der portraitierte Chef des Goetheinstituts dennoch aus der Region stammen; Ein Landkreisbuch, das auch echt sein wird, verspricht Heinz Lang. Es wird wohl auch kein Bestseller im eigentlichen Sinn werden. Aber einer, der „vom Besten“ sein und handeln wird. Das ist es auch, was das Geschäft im Freyunger Stadtplatzcenter zur anerkannt „hervorragenden Buchhandlung“ gemacht hat. Gerade holte sich Heinz Lang das begehrte Gütesiegel bei der Verleihung des Deutschen Buchhandelspreises ab.

„Best of Wald“ oder das gerade entstehende „entfernt, entrückt, entgrenzt“ sind für Heinz Lang auch „Bestseller“, weil sie vom Besten erzählen, selbst wenn sie dabei keine Millionenumsätze machen werden.
„Best of Wald“ oder das gerade entstehende „entfernt, entrückt, entgrenzt“ sind für Heinz Lang auch „Bestseller“, weil sie vom Besten erzählen, selbst wenn sie dabei keine Millionenumsätze machen werden.

Ein besonderes kulturelles Engagement bescheinigt es ihm; durch Veranstaltungen, Literaturförderung, besonderes Sortiment oder innovatives Geschäftsmodell jenseits (nur) der Bestseller zu stehen - näher dagegen am Wert des Buches selbst.


- AB



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