HerzensPferde: Andrea Klotsch setzt auf die Empathie der Pferde

zurück zur Übersicht
05.09.2018
Neureichenau

Ihre Liebe und Leidenschaft gilt den Pferden. Ein kleiner beruflicher Umweg, eine Ausbildung zur Erzieherin schadete ihrem Ziel nicht. Ganz im Gegenteil - sie war eine hervorragende Basis für die Ausbildung zur Reittherapeutin. Heute lebt und arbeitet Andrea Klotsch zufrieden mit ihren Pferden auf dem Hof in Branntweinhäuser, wie sie im Interview mit WAIDLER.COM berichtet.

 

Frau Klotsch, Sie sind ausgebildete Reittherapeutin. Woher stammt Ihre Liebe zu den Pferden?

Ach, ich fühlte mich schon als Kind zu Pferden hingezogen. Meine Eltern unterstützen dies damals jedoch nicht - zu groß, zu teuer, zu gefährlich. Als ich mit 14 Jahren mein erstes eigenes Geld verdiente, reinvestierte ich es sofort in Reitstunden. Und nach meiner Ausbildung zur Erzieherin habe ich mir mein erstes Pferd gekauft. Besser gesagt war es damals noch ein Fohlen, meine Lena. Heute ist sie 13 Jahre alt. Ein American Quarterhorse, ein Westernpferd.

 

Andrea Klotsch mit Mann Kilyan und zwei ihrer vier HerzensPferde

 

Wie kamen Sie dann zur Reittherapie, welche Fachrichtungen beinhaltet diese?

Nach einem schweren Autounfall konnte ich 11 Monate lang nicht arbeiten. Aber ich konnte zum Stall, zu Lena fahren. Sie war ja selbst damals erst 9 Monate alt, war auch krank, hatte einen Abszess am Bauch. Sie brauchte mich, ich musste sie pflegen. Und ich brauchte sie zu meiner Genesung. Ich musste schnell wieder Auto fahren, musste Ängste überwinden. So haben wir uns gegenseitig unterstützt. Zu dieser Zeit reifte in mir der Entschluss, eine Ausbildung zur Reittherapeutin zu beginnen. Ich habe diese während meiner Urlaube in Konstanz absolviert mit dem Schwerpunkt Reittherapie. Der Fokus liegt auf einer pädagogisch-emotionalen Begleitung der Menschen, beispielsweise um eine Verbesserung des Lernverhaltens zu erreichen oder das Selbstvertrauen zu stärken. Daneben gibt es noch die Hippotherapie, die sich vor allem auf Menschen mit körperlicher Behinderung konzentriert sowie die Psychotherapie mit Pferden.

 

 

Was ist das Besondere an der Arbeit mit Pferden, warum können sie therapeutisch so wertvoll eingesetzt werden?

Pferde spiegeln den seelischen Zustand der Menschen, die sich mit ihnen beschäftigen, wider. Pferde sind in ihren Äußerungen absolut ehrlich und eindeutig. Pferde nehmen einen Menschen bedingungslos an, als das, was er oder sie ist. Sie spüren, was los ist. Ein Kind etwa, das gerade in einer aggressiven Stimmung ist, wird kein Pferd einfangen können. Dazu muss es erst darüber sprechen, frei werden. Entweder es erzählt mir, was es belastet oder auch dem Pferd. Dann wird es entspannter, und das Pferd lässt es zu, dass es sich ihm nähert. Pferde akzeptieren nur Menschen ohne Maske.

 

Andrea Klotsch und ihre treue Begleiterin Lena

 

Für wen ist die Pferdetherapie geeignet, wie läuft sie konkret ab?

Reittherapie eignet sich für alle Altersstufen, zu mir kommen Menschen von vier bis 86. Ich unterscheide drei Zielgruppen. Zum einen biete ich Einzelreitunterricht für Ängstliche und Einsteiger an, für Leute, die Lust auf was Neues haben oder ihre Angst vor Pferden überwinden wollen. In der speziellen Reittherapie geht es vor allem darum, Selbstvertrauen oder Durchsetzungsvermögen aufzubauen. Das beginnt schon mit dem Dirigieren oder dem Führen eines Pferdes. Mein Schwerpunkt liegt auf der Therapie von Ängsten und sozialen Schwierigkeiten. Da betrifft etwa Kinder, die sich im Kindergarten von der Gruppe absondern, Menschen mit hohem Aggressionspotential oder auch mit Minderwertigkeitsgefühlen. Das individuelle Verhaltensbild bestimmt auch den Therapieansatz. Reittherapie ist immer eine Einzeltherapie. Dabei lege ich Wert auf die gemeinsame Interaktion mit mir und dem Pferd. Das Pferd wird geholt, geputzt, geführt und auch geritten. Reiten ist ab vier Jahre möglich, dabei wird das Pferd von mir geführt, alleine reiten lernen die Kinder ab circa sieben Jahren. In vielen Fällen ist das Voltigieren der bessere Ansatz. Zwei bis drei Kinder verbringen gemeinsam eine Stunde mit den Pferden, putzen sie etc., wir machen Spiele auf und mit den Pferden. Wichtig ist hier die Interaktion zwischen den Kindern einerseits und den Pferden andererseits.

 

 

Wie viele Pferde halten Sie aktuell hier auf dem Hof?

Aktuell habe ich vier Pferde. Die Pferde sind das ganze Jahr im Freien. Wir haben einen Offen-Stall gebaut, da können sie sich jederzeit unterstellen. Pferde sind es von der Evolution her gewohnt, draußen zu sein. Wir haben einen Reitplatz, der 20 x 30 Meter groß ist. Grundsätzlich findet Reittherapie bei jedem Wetter statt. Bei Regen nutzen wir den Stall zum Putzen, Pflegen, Füttern oder andere gemeinsame Aktionen. Nur wenn der Schnee höher als ca. 15 cm liegt, machen wir Winterpause. Also meistens so drei, vier Monate im Jahr.

 

Vielen Dank für das Gespräch.


HerzensPferde - Andrea KlotschNeureichenau
Serie: Ein Herz für Tiere"Wie groß das Herz eines Menschen ist, können wir daran erkennen, wie er mit Tieren umgeht." In dieser Serie beschäftigen wir uns mit Tieren im Allgemeinen, als Seelentröster, als Sportpartner.


Quellenangaben

Fotos: Andrea Klotsch, Stephen Hahn
Text: Dr. Stephen Hahn

Sie möchten Ihren Bericht regional bewerben?

Alle Informationen und Ihren Ansprechpartner finden Sie HIER.



Kommentare

Bitte registrieren Sie sich um hier Kommentare eintragen zu können!
» Jetzt kostenlos Registrieren oder haben Sie Loginprobleme?