„Wenn es noch mehr Vorschriften gibt, bleibt keine Luft zum Arbeiten“

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31.03.2016
Regen

Schärfere Kennzeichnung von Lebensmitteln, Integration ausländischer Mitarbeiter, Fachkräftemangel, Kandidatensuche für eine neue Vorstandschaft:  „Heiße Eisen“ gab es bei der Jahreshauptversammlung des Kreisverbands Regen-Viechtach im Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband im Tagungshaus Bayerischer Wald zu besprechen. Deutliche Worte zu aktuellen Herausforderungen in der Gastronomie hatten MdB Alois Rainer, der im Bundestag im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft ist, und HOGA-Bezirksvorsitzende Rose Marie Wenzel.

168 Betriebe aus dem ARBERLAND – und damit etwa so viele Unternehmen wie im Landkreis Landshut - sind Mitglied im Kreisverband. Große Hotels sind ebenso dabei wie kleine Wirtshäuser oder Anbieter von Ferienwohnungen. „Gerade bei der Hotellerie sind wir im Landkreis Regen sehr gut aufgestellt. Um die Interessen der heimischen Betriebe weiter gut vertreten zu können, ist es unwahrscheinlich wichtig, eine schlagkräftige Vorstandschaft zu haben“, verdeutlichte Herbert Unnasch. Er steht momentan als Vorsitzender an der Spitze, lenkt mit Christian Geiger und Anton Holzer jun. als Stellvertretern die Geschicke des Kreisverbands – und würde sein Amt genau wie seine Kollegen aus zeitlichen Gründen gerne abgeben. Eigentlich sollte bereits bei der Jahreshauptversammlung eine neue Vorstandschaft gewählt werden. Da es bisher keine Kandidaten gibt, wird die Vorstandschaft einstweilen weitermachen und aktiv nach Nachfolgern suchen. „Wir brauchen ein Zugpferd an der Spitze. Vor allem bei Verbandsthemen wären führende Hoteliers als Vorsitzende ideal“, appellierte Herbert Unnasch an die Mitglieder im Kreisverband und dankte den bisherigen Mitstreitern in der Vorstandschaft für ihr Engagement und die unkomplizierte Zusammenarbeit. 

Bundestagsabgeordneter Alois Rainer informierte die Gastronomen und Hoteliers aus dem Landkreis Regen über aktuelle Vorgaben, beispielsweise bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln - und sprach sich klar gegen Ideen wie den Chip im Joghurtbecher oder das Smiley-System für Betriebe aus.
Bundestagsabgeordneter Alois Rainer informierte die Gastronomen und Hoteliers aus dem Landkreis Regen über aktuelle Vorgaben, beispielsweise bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln - und sprach sich klar gegen Ideen wie den Chip im Joghurtbecher oder das Smiley-System für Betriebe aus.

HOGA-Bezirksvorsitzende Rose Marie Wenzel rief die Mitglieder ebenfalls auf, ein Ehrenamt in der Vorstandschaft zu übernehmen: „Wenn im Verband kein Interesse da ist, sich für Themen wie gemeinsame Rahmenbedingungen einzusetzen, werden sie uns von anderen aufdiktiert“, verdeutlichte sie. Auch MdB Alois Rainer, Landrat Michael Adam, zugleich Präsident des Tourismusverbands Ostbayern, und Regens 3. Bürgermeister Andreas Kroner baten die Mitglieder des Kreisverbands, sich in der Vorstandschaft einzubringen. „Es wäre fatal, wenn eine führende Tourismusregion wie wir mit so leistungsfähigen Betrieben keine Vorstandschaft zusammenbringt“, sagte der Landrat. Adam machte klar, dass der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband ein starker Partner in einer wichtigen Branche sei und bei politischen Entscheidungen schon gehört werde.  Andreas Kroner lobte die „klugen und kreativen Köpfe“ unter den Gastronomen und Hoteliers. Er erklärte, dass es im Landkreis zwar nicht mehr so viele traditionelle Wirtshäuser gebe, dafür aber umso mehr gute Betriebe in der Hotellerie und Gastronomie mit innovativen Konzepten und neuen Ideen.

IQ-Netzwerkmanagerin Johanna Rinke stellte das Projekt "Integration durch Qualifizierung" vor, das Menschen mit Migrationshintergrund bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt - und Unternehmen die Suche nach Mitarbeitern - erleichtern soll.
IQ-Netzwerkmanagerin Johanna Rinke stellte das Projekt "Integration durch Qualifizierung" vor, das Menschen mit Migrationshintergrund bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt - und Unternehmen die Suche nach Mitarbeitern - erleichtern soll.

Beifall gab es für Bundestagsabgeordneten Alois Rainer. Er hat selbst ein Wirtshaus und mehrere Metzgereien, ist HOGA-Mitglied und bewies den Gastronomen und Hoteliers, dass er als Mann der Praxis weiß, welche Schwierigkeiten neuen Vorgaben für die Betriebe vor Ort bedeuten können: „Mir ist klar, dass die neue Verordnung zur Allergen-Kennzeichnung für Hotels und Gaststätten, die Ende 2014 in Kraft trat, aufwändig und alles andere als ein Hit ist. Ich konnte sie nicht verhindern, habe aber alles rausgeholt, was möglich war“, betonte Alois Rainer, der auch erklärte, wie nun beispielsweise in den Speisekarten auf Allergene in Gerichten hingewiesen werden muss. „Neben allen Kennzeichnungen, die auf der Karte stehen, muss es den Gästen vor allem schmecken. Und das ist in unseren Betrieben der Fall“, sagte Alois Rainer. Er sprach den HOGA-Mitgliedern wohl aus der Seele, als er kritisierte, dass manche Vorgaben für die Hotellerie und Gastronomie „päpstlicher sind als der Papst“ und Ideen wie ein elektronischer Chip, um die Haltbarkeit eines Joghurts anzuzeigen und andere „intelligente Lebensmittel“ schlicht „Unsinn“ seien. Klipp und klar sagte der MdB auch, dass er kein Freund des Smiley-Systems oder der Lebensmittel-Ampel und ein absoluter Gegner des im Volksmund „Internet-Pranger“ geplanten Gesetzesentwurfs zur Veröffentlichung von Betrieben sei, die nach Kontrollen ein Bußgeld von 350 Euro oder mehr zahlen mussten. „Einmal im Netz, immer im Netz. Ein Betrieb wird über Jahr gefunden, und zwar immer negativ“, gab Rainer zu bedenken.  In Deutschland gebe es keinen einheitlichen Bußgeldkatalog, 350 Euro als Schwelle für die Veröffentlichung seien zudem viel zu niedrig. „Wer sich in Deutschland normal, ausgewogen und mit guten, regionalen Lebensmitteln ernährt, ist gut bedient“, betonte Alois Rainer. Bei Lebensmitteln und Asyl würde oft Geschäft mit der Angst gemacht.

In die gleiche Kerbe schlug HOGA-Bezirksvorsitzende Rosemarie Wenzel, die Alois Rainer hohen Praxisbezug attestierte. „Oft entscheiden Theoretiker über unsere Köpfe hinweg, als ob wir unmündige Unternehmer wären. Wenn es noch mehr Vorschriften und Dokumentationszwänge gibt, haben wir bald keine Luft mehr zum Leben und zum Arbeiten“, kritisierte sie die wachsende Bürokratie. Auch den Gästen und Verbrauchern traue die Politik offenbar keine Eigenverantwortlichkeit zu. „Ein Verbraucher kann sehr wohl ohne Chip entscheiden, ob er einen Joghurt essen kann und will oder nicht.“

Herbert Unnasch, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Regen-Viechtach, sucht einen Nachfolger für den Vorsitz im HOGA-Verband.
Herbert Unnasch, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Regen-Viechtach, sucht einen Nachfolger für den Vorsitz im HOGA-Verband.

IQ-Netzwerkmanagerin Johanna Rinke von der ARBERLAND REGio GmbH stellte das Projekt „Integration durch Qualifizierung“ vor. Ziel ist es, Migranten den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern – und Betriebe zu unterstützen, Mitarbeiter zu bekommen.  Gerade in der Gastronomie gibt es oft freie Stellen, aber kaum Bewerber. „Wir wissen, dass es nicht immer einfach ist, Flüchtlinge, Asylsuchende oder weitere Mitarbeiter mit Migrationshintergrund einzustellen, ein Miteinander kann aber für beide Seiten auch ein Gewinn sein“, sagte Kreisvorsitzender Herbert Unnasch. Mangelnde Sprachkenntnisse der Bewerber, die andere Kultur oder Themen wie die Rolle der Frau oder weitere gesellschaftspolitische Aspekte seien im Alltag oft ein Problem, wie Gastronomen berichteten. „Die Kulturen zusammenzubringen, das ist in der Praxis oft die große Herausforderung“, fand auch Rose Marie Wenzel. Tourismusreferentin Susanne Wagner machte klar, wie wichtig neben der Sprache auch die Integrationsbereitschaft ausländischer Bewerber sei: „Integration ist keine Einbahnstraße, es ist nicht unbedingt Pflicht des Arbeitgebers, Tag für Tag die deutsche Kultur zu erklären.“

Landrat Michael Adam freute sich über die offenen Worte der Gastronomen und Hoteliers.
 „Uns ist es wichtig, zu wissen, wo es hakt und wo wir konkret ansetzen müssen“, betonte er. Bezirksgeschäftsführerin Rita Mautz berichtete über Neuerungen in der Branche, wie Vorgaben zur Bezahlung am Wochenende und an Feiertagen. Andrea Schwarzmüller, die Schatzmeisterin des Kreisverbands, stellte den Kassenbericht vor: Finanziell steht der Kreisverband gut da, aktuell sind gut 17 000 Euro in der Kasse.

HOGA-Bezirksvorsitzende Rose Marie Wenzel machte klar, dass die zunehmende Bürokratisierung in der Branche für Gastronomen und Hoteliers alles andere als einfach ist.
HOGA-Bezirksvorsitzende Rose Marie Wenzel machte klar, dass die zunehmende Bürokratisierung in der Branche für Gastronomen und Hoteliers alles andere als einfach ist.


- AB


ARBERLAND REGio GmbHRegen

Quellenangaben

Fotos: Ebner

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