Bürgerschaftliches Engagement für regionale Baukultur fordern und fördern

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16.11.2020
München

Die Villa „Kakteen Kaiser“ in München: abgerissen. Das ehemalige Verstärkeramt in Kochel: im Abriss befindlich. Das wohl älteste Gebäude in Neustadt an der Waldnaab: eingestürzt, teilabgerissen. Das historische Mühlenanwesen in Pressig: vom Einsturz bedroht. Das alte Pfarrhaus in Johannesberg: dringend sanierungsbedürftig.

In vielen Gegenden Bayerns wird der Verlust an regionaler Baukultur zunehmend spürbar und gewachsene Ortsbilder gehen unwiederbringlich verloren. Ehemals unverwechselbare Städte und Dörfer gleichen sich mehr und mehr an und verlieren ihren regionaltypischen Charakter. In allen Landesteilen Deutschlands, nicht nur in Bayern, ist darüber hinaus eine Tendenz zu standardisierten Neubauten ohne Bezug zur örtlichen Bauweise zu beobachten.

Maitenbeth, Lkr. Mühldorf am Inn (Oberbayern). Kirchplatz mit denkmalgeschützter Alter Post (links) und dem Ratssaal des Neuen Rathauses (rechts): Der Neubau des Rathauses nimmt die Maßstäblichkeit der Alten Post auf. Beide Gebäude schließen den Kirchplatz auf zwei Seiten räumlich ab. Über Fenstertüren ist der Ratssaal mit dem Freiraum des Kirchplatzes verbunden. Alt und Neu treten in einen gemeinsamen Dialog.
Maitenbeth, Lkr. Mühldorf am Inn (Oberbayern). Kirchplatz mit denkmalgeschützter Alter Post (links) und dem Ratssaal des Neuen Rathauses (rechts): Der Neubau des Rathauses nimmt die Maßstäblichkeit der Alten Post auf. Beide Gebäude schließen den Kirchplatz auf zwei Seiten räumlich ab. Über Fenstertüren ist der Ratssaal mit dem Freiraum des Kirchplatzes verbunden. Alt und Neu treten in einen gemeinsamen Dialog.


Dieser Entwicklung wirken der Bayerische Landesverein für Heimatpflege und das Denkmalnetz Bayern entschieden entgegen. Sie engagieren sich daher unter anderem in der Fachgruppe „Baukultur und Denkmalpflege“ des Dachverbandes Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU).

„Es ist eines unserer größten Anliegen, dass Bayerns Dörfer und Städte ihr Gesicht wahren. Denn der Verlust regionaler Baukultur bedingt unweigerlich den Verlust des Gefühls örtlicher Zugehörigkeit,“ so der Vorstandsvorsitzende des Landesvereins, Dr. Olaf Heinrich.


Unter der Federführung von Prof. Dr. Michael Goer, ehemaliger Landeskonservator für Denkmalpflege in Baden-Württemberg, arbeiteten beide Institutionen ebenso wie der Landesheimatbund Sachsen-Anhalt und die bundesweit tätige Gemeinschaft zur Förderung regionaler Baukultur e.V. an der Erstellung der Resolution „Zivilgesellschaftliches Engagement für Baukultur und gebaute Heimat“ mit.

Dem Landesverein und dem Denkmalnetz ist es dabei besonders wichtig, Bürger umfassend über regionale Baukultur und Denkmalpflege zu informieren, wie Kunsthistoriker Dr. Bernd Vollmar, Sprecher des Denkmalnetzes, betont:


„Wir setzen uns dafür ein, dass die für unsere Lebensbedingungen bedeutsame ‚gebaute‘ Umwelt, also historischer Baubestand, Städte, Dörfer oder Kulturlandschaften, zunehmend in das gesellschaftliche Bewusstsein gerückt wird.“


Und Dr. Vinzenz Dufter, Referent für den Fachbereich „Haus und Siedlung“ im Landesverein, fügt hinzu:


„Der Dialog und auch der Konflikt zwischen Tradition und Fortschritt gehören immer schon zum Wesen der Baukultur und des Denkmalschutzes. Letztlich geht es in diesem Spannungsfeld darum, gute Planungen zur gebauten Raumbildung, schlüssigen Nutzbarkeit, baulichen Nachhaltigkeit, guten Gestaltung von Details und heimatlichen Identität zu finden. Dazu wollen wir ermutigen.“

 

Wiederaufbau Hofstelle Stieger in Gonnersdorf, Lkr. Fürth (Mittelfranken): Die Baugruppe aus dem neu errichteten Hofladen und der Alten Schmiede fügt sich harmonisch in das typisch fränkische Ortsbild der giebelständigen Steildachhäuser mit ihren knappen Dachrändern ein.Wiederaufbau Hofstelle Stieger in Gonnersdorf, Lkr. Fürth (Mittelfranken): Die Baugruppe aus dem neu errichteten Hofladen und der Alten Schmiede fügt sich harmonisch in das typisch fränkische Ortsbild der giebelständigen Steildachhäuser mit ihren knappen Dachrändern ein.


Landesverein und Denkmalnetz setzen sich in ihrer täglichen Arbeit dafür ein, das bürgerschaftliche Engagement in der Bau- und Denkmalpflege in Bayern zu stärken. Sie fordern Politik, Wirtschaft und Verwaltung auf, der Baukultur und der Denkmalpflege mehr Aufmerksamkeit zu widmen – mehr noch, die gebaute Heimat aktiv zu schützen.

 

Hintergrund

Der Bayerische Landesverein für Heimatpflege e.V. ist seit seiner Gründung im Jahr 1902 bemüht, sichtbare Werte des natürlichen und gebauten Erbes zu bewahren und für die Zukunft weiterzuentwickeln – ohne die Vergangenheit zu verklären, sondern mit dem Wissen um heutige Landschaften und Siedlungen. Der Erhalt und die Neubelebung historischer Bausubstanz stellen einen wesentlichen Beitrag innerhalb der gesamten heimatpflegerischen Arbeit dar.
Das Denkmalnetz Bayern ist institutionell und organisatorisch beim Landesverein angesiedelt. Es ist ein offenes Bündnis von interessierten Bürgern, die ein gemeinsames Ziel haben: den Erhalt von Denkmalen und überlieferten Orts- und Stadtbildern in Bayern. Das bürgerschaftliche Netzwerk unterstützt mit gegenseitiger Information und Beratung, durch Erfahrungsaustausch, Fortbildungen und Vermittlung.


- SB


Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e.V.München

Quellenangaben

Bayerischer Landesverein für Heimatpflege e.V.
Fotos: Vinzenz Dufter

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