Zur Optimierung der Pflegeausbildung hat die Pflegeakademie in Grafenau einen speziellen Simulationsraum für praktisches Pflegetraining integriert.
Skills-Lab mit zwei vollausgestatteten Arbeitsplätzen (gelb der Intensivarbeitsplatz, blau der Pflegearbeitsplatz)
Professionelle Handlungskompetenz in der Pflegeausbildung steigern
Ein von Fachkreisen bezeichnetes „Skills Lab“ ist ein spezieller Übungsraum, um theoretisch und fachpraktisch erlernte Fähigkeiten und Fertigkeiten in Gesundheitsberufen in einer möglichst realitätsnahen Umgebung zu simulieren. Die professionelle Handlungskompetenz von Schülern soll ohne Belastung für Bewohner oder Patienten trainiert werden.
Bisher hat sich die Ausbildung in Pflegeberufen überwiegend auf zwei Lernorte begrenzt. Einmal die Pflegeschule als theoretischer Lernort mit Unterrichten und als praktischer Lernort die Ausbildungseinrichtungen wie Seniorenheime und Krankenhäuser. Also direkt am Bewohner und Patienten, wobei hier dann keine Fehler passieren durften. Hier muss schon jeder Handgriff sitzen.
Im nun dritten Lernort Skills-Lab können stationäre Alltagssituationen von speziell geschulten Lehrkräften der Akademie sog. Instruktoren an einer speziellen Übungspuppe in einem nachgebildeten Patientenzimmer realitätsnah simuliert werden. „Fehler sind dort erlaubt und aus diesen Fehlern kann man lernen“, so Volker Gießübl, Akademiedirektor der Pflegeakademie, der dieses Projekt schon seit 2018 in Hinsicht auf die neue Pflegeausbildung zur Pflegefachfrau/Pflegefachmann mit dem Aufbau eines realistischen Intensivplatzes und Patientenzimmers begann.
Auch verschiedenste Notfallszenarien können von den Instruktoren über die hochtechnische Trainingspuppe eingespielt werden, auf die der Pflegeschüler entsprechend richtig reagieren muss. Szenarien oder komplizierte Fallsituationen aus der Praxis, die jedoch nur im Trainingslabor ohne Zeitdruck und beliebig oft eingeübt werden können.
An dieser knapp 30.000 Euro teuren Pflegepuppe „Nursing Anne II“ der Fa. Leardal mit Lidschlag, Lungengeräuschen, Puls und Blutdruck, können somit Tätigkeiten wiederholt trainiert werden, deren Umsetzung für Bewohner oder Patienten oft unangenehm wären. Zum Beispiel können hier das Legen einer Magensonde oder Blasenkatheters, Durchführung von Injektionen, Intubation zur Beatmung oder das Absaugen aus dem Lungenbereich genannt werden. Es fliesen auch realistisch aussehende Flüssigkeiten wie Blut, Urin oder Sekrete, die vorher von den Instruktoren in extra dafür vorgehaltene Behälter in der Puppe gefüllt werden.
Die Instruktoren sprechen per Headset und Mikrofon über den Mund der Trainingspuppe, die im Übrigen mit 12 Lautsprechern ausgestattet ist und simulieren den Patienten mit Kommentaren. Die Kommunikation mit dem Bewohner und Patienten ist ein Schwerpunkt in der pflegerischen Versorgung.
Natürlich können auch körperferne Pflegetätigkeiten und Kommunikationen am Patiententisch des Skills Lab mit echten Statisten durchgeführt werden. Aufnahme-, Beratungs- oder Aufklärungsgespräche und auch sensible Gespräche können eintrainiert werden.
Mit Hilfe der Video-Audioaufzeichnung erfolgt das Nachgespräch mit den Schülern
Das Skills Lab ist mit fünf hochauflösenden Kameras ausgestattet. Zwei davon werden von den Instruktoren über einen Joy-Stick bewegt und detaillierte Szenen herangezoomt. Jeder Zentimeter des Raumes kann über alle Kameras dargestellt und beobachtet werden, so Gießübl. Der einzelne Schüler oder Schüler-Team bewegt sich wie in Realität alleine im Patientenzimmer. Die Steuerung erfolgt vom technisch vollausgestatteten Instruktoren-Platz im Nachbarraum.
Arbeits- und Aufnahmebereich der vier Instruktoren
Schüler erhalten von den Instruktoren eine bereits im Unterricht gelernte und im separaten Praxisraum vorgeführte Pflegesituation ausgehändigt. Nach der Material und Gerätevorbereitung betritt der Schüler mit einem Pflegewagen das Patientenzimmer und beginnt mit den im Auftrag beschriebenen Pflegemaßnahmen entsprechend seines Ausbildungsstandes. Hier wird auf Details geachtet. „Selbst das fehlende Klopfen an der Patiententüre wäre schon ein Fehler, der im Nachgespräch erwähnt werden würde“ so Gießübl.
Das sogenannte Review-Gespräch findet mit der praktischen Lehrkraft und dem Instruktor unter sechs Augen statt. Hierbei werden aufgezeichnete gute Szenen und gegebenenfalls auch Fehler-Sequenzen zum Gespräch vorgespielt. Der Schüler sieht sich nun als Beobachter und erfährt eine optimale Selbsteinschätzung.
Das sog. De-Briefing mit zwei Schülern nach der erarbeiteten Pflegesimulation
Vier speziell als Instruktoren ausgebildete Lehrkräfte für Pflegeberufe, organisieren und bedienen die vielen Geräte im Labor und Aufnahmesoftware. Vor Beginn erstellten diese verschiedenste Pflege-Szenarien für alle Ausbildungsjahre, die von einem Schüler oder im Schüler-Doppel durchgeführt werden können.
Auch die anderen Schüler der Klasse beobachten und lernen aus den realistisch simulierten Szenen über ein 80-Zoll Digital-Whiteboard im Nachbarraum oder im eigenen Klassenzimmer mit Funkübertragung. Der Lernerfolg der restlichen Klasse besteht darin, die richtigen Abläufe ohne Alltagsstress beobachten zu können und auch gegebenenfalls entdeckte Fehler zu realisieren.
Die aufgezeichneten Übungs-Daten werden auf Wunsch des Schülers gemäß geltender Datenschutzregeln nach dem dokumentierten Gespräch gelöscht. Staatliche Prüfungssequenzen fließen wie auch schriftliche Leistungsnachweise in ein geschütztes digitales Archiv mit doppeltem Passwortschutz.
„Ein interessante und neue Form zur Kompetenzentwicklung in der Pflegeausbildung“, so die Aussage vieler leitenden Mitarbeiter und Praxisanleiter verschiedenster Praxiseinrichtungen nach ihrer Besichtigung über die neue Lernform der Pflegeakademie. Nur wenige Pflegeschulen halten neben Hochschulen in Bayern so ein hochtechnisches Übungslabor für Pflegeschüler und medizinische Fach- und Hilfsberufe vor.
Auch externe Einrichtungen und medizinische Berufsgruppen willkommen
Mit diesem Skill-Lab bietet die Pflegeakademie auch externen Lehreinrichtungen und anderen medizinischen Ausbildungsstätten die Möglichkeit, realitätsnahe Trainingseinheiten für ihre Schüler, Auszubildende oder Studenten zu absolvieren. Begleitet werden diese dann von den technisch affinen Instruktoren der Pflegeakademie.
Für weitere Informationen zum Skills Lab an der Pflegeakademie in Grafenau und gewünschten Führungen stehen der Akademiedirektor Herr Gießübl und die drei Instruktoren zur Verfügung. Erreichbar unter der Telefonnummer 08552 975428-0 oder E-Mail: info@pflegeakademie-grafenau.de.
Weitere Impressionen zum Skills Lab erhalten sie über den Internetauftritt unter https://www.pflegeakademie-grafenau.de/skills-lab-simulationslabor.html oder in der virtuellen Tour auf der Startseite des Internetauftritts.