Ortsnamen und ihre Geschichte | Teil 5

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26.10.2022

Der Wald und seine Bäume als (Orts)Namensgeber

Im Landkreis Freyung-Grafenau ist der Wald allgegenwärtig. Vor hunderten von Jahren war dieser noch viel größer, dichter und galt gebietsweise als undurchdringlich.

Kaum verwunderlich, dass der Wald daher namensgebend für eine Reihe von Orten ist. Es gibt wohl kaum eine Gemeinde im Landkreis, in welcher es nicht mindestens einen Ort gibt, dessen Siedlungsnamen in Zusammenhang mit dem Wald steht. Zumeist sind diese betreffenden Ortsnamen der Rodungsarbeit geschuldet und enden auf -reuth, -schlag o.ä. Dieses Mal geht es jedoch um den Wald selbst und nicht um dessen Abholzung.

In manchen Fällen kommt er, der Wald, an sich im Namen vor, beispielsweise als Bestimmungswort, also im ersten Teil des Ortsnamens wie bei Wald-kirchen oder Wald-häuser. Häufig tritt er auch als nachgestelltes Anhängsel auf, eine Methode, um gleichlautende Siedlungen voneinander zu unterscheiden. Im Bayerischen Wald findet man so beispielsweise "im Wald", wie bei Kirchberg im Wald oder Haus im Wald.

Wenn es "im Wald" gibt, gibt es auch "vorm Wald", wie zum Beispiel bei Aicha vorm Wald. "Vorm Wald" ist jedoch nicht immer nur ein Anhängsel, sondern kann auch der Ortsname selbst sein, wie es bei Fürholz der Fall ist. Fürholz entstand, wie so viele Siedlungen, am Goldenen Steig und lag wohl am Waldsaum des früher undurchdringlichen Waldes. Da man im bayerischen Dialekt statt "Wald" auch sehr oft "Holz" sagt, nannte man den Ort, der "vorm Wald" lag beziehungsweise "vorm Holz", einfach "Vorholz", aus welchem letzten Endes "Fürholz" wurde.

 

Eine alte Postkartenansicht von Fürholz, dem ältesten Ort der Gemeinde Grainet.Eine alte Postkartenansicht von Fürholz, dem ältesten Ort der Gemeinde Grainet.

 

Aber nicht nur der Wald an sich, auch bestimmte Baumarten verhalfen einigen Orten zu ihrem Namen. Oft ist dabei die jeweilige Baumart das Bestimmungswort, steht somit im ersten Teil des Ortsnamens und beschreibt das Grundwort näher. So wird der Ort Buchen-au seinen Namen durch ein auffallendes Vorkommen an Buchen und seiner Lage in einer Aue haben, da dort viele Bachläufe zusammenlaufen. Nach dem gleichen Muster wird auch das Dorf Lind-au bei Thurmansbang seinen Namen erhalten haben, nur dass dort statt Buchen viele Linden wuchsen. Die Linde ist auch der Namensgeber für Lind-berg. Die Lage an einem Berg, vermutlich am Falkenstein, war ausschlaggebend für das Grundwort, den zweiten Teil des Ortsnamens (Lindenblätter sind auch im Wappen der Gemeinde zu finden).

 

In dieser Luftaufnahme von Buchenau ist das auffallende Vorkommen von Buchen sichtbar.In dieser Luftaufnahme von Buchenau ist das auffallende Vorkommen von Buchen sichtbar.

 

Seltener und meist auch nur bei Weilern dient der Name einer Baumart direkt als Ortsname. So gibt es Kerschbaum in der Gemeinde Grattersdorf oder Nußbaum bei Aicha vorm Wald.

Aicha vorm Wald ist im Übrigen ein weiteres Beispiel für eine Baumart als Namensgeber. Das althochdeutsche Wort eihhahi oder eihhai war der ursprüngliche Ortsname und kann heute mit „Eichenwald/Eichenhain“ übersetzt werden. Insofern nachvollziehbar, da auch heute noch Niederbayerns einziger größerer geschlossener Eichenwald dort zu finden ist und im Wappen des Ortes ein Eichenblatt vorkommt.

Als letzte namensgebende Baumart ist die Salweide zu erwähnen, welche weit verbreitet zu sein scheint, da der abzuleitende Ortsname gleich dreimal im Landkreis FRG vorkommt. In den Gemeinden Freyung, Waldkirchen und Thurmansbang gibt es jeweils ein Solla. Ableiten lässt sich der Ortsname von „Salha“, was das althochdeutsche Wort für Weide ist. Durch Sprachwandel und dem Wechsel von verschiedenen a- und o-Varianten festigte sich letztendlich in allen drei Fällen der Name Solla.


- TL


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