Europa und seine Grenzen – ein aktuelles Thema am Landgraf-Leuchtenberg-Gymnasium Grafenau

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11.05.2022
Grafenau

In den letzten Jahrzehnten wuchsen viele Länder in Europa immer mehr zusammen. Grenzen bestehen dennoch weiter fort – in Realität und manchmal auch in unseren Köpfen. Im Vorfeld zum Europatag, der am 9. Mai begangen wird, fand deshalb am Landgraf-Leuchtenberg-Gymnasium Grafenau am 2. Mai für die 10. Jahrgangsstufe ein „Europatag“ statt, der sich mit Grenzen in Europa, insbesondere der deutsch-tschechischen Grenze befasste.

Geleitet wurde die Veranstaltung von Markus Baar von der Landeszentrale für politische Bildung. Zu Beginn mussten die SchülerInnen in Gruppen ein Europapuzzle zusammenfügen. Hier merkte man schnell, wie schwierig es ist, die einzelnen Länder an ihrer Form bzw. ihren Grenzen zu erkennen und an die richtige Stelle zu setzen. In der Folge fanden drei unterschiedliche Workshops statt, in welche sich die Zehntklässler nach Interesse aufteilen konnten: Markus Baar führte den Workshop zu aktuellen Entwicklungen an der deutsch-tschechischen Grenze seit 1990 durch, Anna Paap vom Adalbert-Stifter-Verein brachte den Jugendlichen die Geschichte der deutsch-tschechischen Grenze näher und Farras Fathi von der Europäischen Akademie Bayern übernahm den Workshop zur grenzübergreifenden Naturschutz- und Energiepolitik.

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch eine Podiumsdiskussion, bei der über viele Aspekte zur örtlichen Grenze gesprochen wurde. Moderiert wurde das Gespräch von Anna Paap, die Ivan Kalina, einen tschechischen Bürgerrechtler, Dr. Franz Leibl, Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald sowie Helmut Knaus, Bürgermeister der Gemeinde Philippsreut als Gäste begrüßen konnte, so dass auch im Rahmen des Podiums die Themen der Workshops nochmals aufgegriffen werden konnten.

Ivan Kalina berichtete beispielsweise von seinen Erfahrungen zu Zeiten des Eisernen Vorhangs: Da er Kritik am Regime der CSSR laut geäußert hatte, verlor er seine Arbeit als Ingenieur im Skoda-Werk in Pilsen und wurde zum Kanalarbeiter degradiert. Die Familie zog daraufhin nach Eisenstein (Zelesna Ruda). Als 1989 die Berliner Mauer fiel, entstand die Idee, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass nicht nur Berlin unter der Trennung gelitten hatte, sondern auch andere, kleine Orte wie Eisenstein. Die Kalinas organisierten deshalb am 3. Februar 1990 eine Menschenkette in Eisenstein, die den Eisernen Vorhang öffnen sollte. An dieser nahmen sage und schreibe zwischen 60 000 und 80 000 Menschen teil.

Dr. Franz Leibl erzählte unter anderem von seinen Erlebnissen im Grenzbereich während der Eiserne Vorhang noch Bestand hatte. Diese waren oftmals eher negativ geprägt. Als die ersten Kontakte zu Fachkollegen möglich wurden, änderte sich dies. Man konnte voneinander lernen und neue Einsichten erhalten, was von beiden Seiten als positiv empfunden wurde. Es entstanden erste Versuche gemeinsam etwas hinsichtlich der Natur zu bewegen und im Laufe der Zeit erwuchs eine fortwährende, grenzübergreifende Zusammenarbeit des Nationalparks Bayerischer Wald mit dem Nationalpark Sumava.

Helmut Knaus stellte hingegen v.a. die aktuelle Entwicklung der grenzüberschreitenden Beziehungen der letzten Jahre dar. Regelmäßige Kontakte mit tschechischen Kollegen sind vorhanden. Ein großes Problem stellt aber nach wir vor die Sprache dar, die durchaus als Hemmnis gesehen werden kann. Manche der Tschechen sprechen Deutsch, aber umgekehrt spricht fast kein Deutscher Tschechisch, wodurch der schnelle persönliche Austausch erschwert wird. Nichtsdestotrotz gibt es verschiedene Ansätze die Zusammenarbeit weiter zu vertiefen. Dies soll z.B. bei den Feuerwehren geschehen, die dann im Grenzbereich ihre Einsätze besser koordinieren könnten.

Schließlich wurden noch einige Wünsche für die Zukunft der Grenzregion, in der wir alle leben, geäußert: Helmut Knaus wünschte sich eine weitere und verstärkte Zusammenarbeit mit den Gemeinden auf tschechischer Seite. Dr. Leibl griff den Gedanken auf, dass aus zwei Nationalparks ein einziger mit gemeinsamer Nationalparkverwaltung werden sollte. Ivan Kalinas sah es als erstrebenswert an, dass die Grenze in den Köpfen verschwinden solle und dass die junge Generation den begonnenen Weg weiterschreiten und -gestalten solle. Die Natur selbst kenne keine Grenze, wie Dr. Leibl so treffend feststellte. Weshalb also wir Menschen?!?


- SB


Landgraf-Leuchtenberg Gymnasium GrafenauGrafenau


Quellenangaben

Landgraf-Leuchtenberg-Gymnasium Grafenau
Michaela Sänger

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