„Ich weiß mehr als der Dorfpfarrer“ – Lisa Fuchs aus Kirchdorf über ihren außergewöhnlichen Beruf als Kaminkehrerin

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03.03.2022
Kirchdorf i. Wald

Im Winter arbeitet Sie am liebsten drinnen, im schön warmen Heizkeller, gibt Lisa Fuchs ganz ungeniert zu. Die 24-Jährige ist Kaminkehrerin und inzwischen auch Meisterin in ihrem Beruf. Im WAIDLER.COM-Interview plaudert die Kirchdorferin (Landkreis Regen) ein bisschen aus dem Nähkästchen und wie es so ist, in einer echten Männerdomäne „seine Frau zu stehen“.

 

Angst davor, sich die Hände schmutzig zu machen, hat die attraktive Blondine auf jeden Fall nicht. Mit verrußten Fingern sitzt sie mir in unserem Büro in Haus i. Wald gegenüber. Gerade kommt Lisa von einem weiteren Einsatz an diesem Tag – vor allem Messungen an Heizungen hat sie heute durchgeführt – Pellets-, Öl-, Hackschnitzel- und Scheitholz-Heizungen. Das gehört zu ihren häufigsten Aufgaben, neben dem klassischen Kaminkehren oder auch Brandschutzprüfungen. Dass sie diesen, eher ungewöhnlichen Beruf erlernen möchte, stand für die 24-Jährige schon sehr früh fest. Schon in der Grundschule schrieb sie als Berufswunsch ins Freunde-Buch: Tierärztin oder Kaminkehrerin. Zweiteres wurde es dann tatsächlich.

 

Lisa Fuchs ist Kaminkehrerin aus LeidenschaftLisa Fuchs ist Kaminkehrerin aus Leidenschaft


Inzwischen arbeitet Lisa Fuchs über acht Jahre als Kaminkehrerin und möchte am liebsten auch nichts anderes machen. „Der Job ist einfach so abwechslungsreich.“, schwärmt sie. „Vor allem, du kommst mit den Leuten ins Reden, das ist eigentlich das Schönste. 'Was gibt es Neues im Dorf?', werd ich oft gefragt.“, schmunzelt die Kirchdorferin. „Ich bekomme auch viel erzählt, manchmal auch ganz schön viel Privates. Ich glaub, ich weiß oft mehr als der Dorfpfarrer“, lacht Lisa Fuchs. Trotzdem versucht die 24-Jährige natürlich, professionell zu bleiben und ihre Arbeit bestmöglich zu verrichten. An ihren Start in ihrem heutigen Kehrbezirk im Landkreis Deggendorf 2016 erinnert sich Lisa Fuchs noch sehr gut. „Manche haben da schon ein wenig geschaut und waren teils auch etwas kritisch, als ich junges Mädel da plötzlich vor der Türe stand. Ich hab Anfangs auch manchen den Schneid abkaufen müssen. Andere haben sich auch total gefreut, dass den Job jetzt eine junge Frau macht.“ - und das offensichtlich auch noch gut.


Die Kaminkehrer-Meisterin ist nämlich oft die erste Ansprechpartnerin, wenn sich die Hauseigentümer etwa über neue und klimafreundlichere Heiz-Systeme informieren wollen. Derzeit wird sie sogar sehr häufig dazu gefragt, schließlich ist es ab 2025 in Deutschland nicht mehr erlaubt, neue Ölheizungen einzubauen. „Ich habe den Vorteil, als Kaminkehrerin neutral beraten zu können“, sagt Lisa. „Welche Heizung geeignet ist, hängt zum einem vom Haus ab und zum anderen vom Standort, zum Beispiel, ob man in einem Hochwassergebiet wohnt. Super finde ich, wie es in einigen Gemeinden mittlerweile gemacht wird, dass Hackschnitzel-Anlagen für ganze Neubausiedlungen gebaut werden und es so quasi Fernwärme aus der unmittelbaren Umgebungen gibt. Holz ist bei uns in der Region schließlich immer da.“


Lisa Fuchs versucht, immer ein offenes Ohr für ihre Kunden zu haben und noch mehr. Manche glauben auch heute noch daran, dass Kaminkehrer wahre Glücksboten sind. „Viele Fragen mich, wo denn bei mir der Goldene Knopf ist an dem sie drehen können“, lacht Lisa. Dabei ist die 24-Jährige nur sehr selten in der traditionellen Kaminkehrer-Zunft unterwegs. Viel lieber ist ihr die moderne und auch viel bequemere und praktischere Berufskleidung, ohne goldene Knöpfe und Zylinder.

Die 24-jährige Kirchdorferin hofft auch, dass sich in Zukunft noch mehr junge Frauen trauen, Kaminkehrerin werden zu wollen. Zwar wird dabei auch viel technisches Wissen gefordert, ansonsten ist der Beruf aber extrem abwechslungsreich und für Lisa Fuchs ein echter Traumjob.


- JR


Serie: Berufe in der RegionBeruf oder doch Berufung? Menschen aus der Region erzählen uns, wie sie zu ihrem Beruf gekommen sind. Von außergewöhnlichen Berufen bis hin zu Geschichten über Frauen in einer Männerdomäne - oder umgekehrt - in dieser Serie beleuchten wir die Arbeitswelt in der Region und darüber hinaus.


Quellenangaben

Bericht: Julia Reihofer
Fotos: Julia Reihofer
Bildupload: Julia Reihofer Julia Reihofer

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