Zahl der Kirchenaustritte steigt im Standesamtsbezirk Grafenau massiv - Standesbeamtin berichtet über zunehmend wütende Bürger

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11.02.2022
Grafenau

Grafenau. Nach den zahlreichen Schlagzeilen rund um den Missbrauchsskandal im Erzbistum München/Freising in den letzten Wochen, scheinen sich auch bei uns in der Region immer mehr Menschen von der katholischen Kirche abzuwenden. Die Jahresstatistik des Bistums Passau für 2021 liegt derzeit zwar noch nicht vor, wie WAIDLER.COM-Recherchen aber andeuten, steigt Zahl der Kirchenaustritte mancherorts massiv.

Die Grafenauer Standesbeamtin Janina Nirschl zählte in ihrem Zuständigkeitsbereich seit Januar schon so viele Austritte, wie 2021 bis Mitte Juni – Tendenz weiter steigend. In ihrem Standesamtsbezirk befinden sich die Stadt Grafenau und die Gemeinden Neuschönau, Sankt Oswald-Riedelhütte, Saldenburg, Thurmansbang und Zenting. „Letztes Jahr waren es insgesamt 140 Austritte und wenn die Entwicklung so weitergeht sind es 2022 nochmal erheblich mehr.“, sagte uns Nirschl. Sie sieht auch einen klaren Zusammenhang zu dem aktuellen Missbrauchsskandal um das Erzbistum München/Freising. „Also, als dieser Bericht auch in Fernsehen war, ist es am nächsten Tag dann regelrecht explodiert. Es gab vorher schon viele Terminanfragen, aber da war es dann wirklich so, dass auch ich gesagt hab – das ist ganz schön heftig.“

Zwar werden die Menschen die zu ihr kommen nicht nach einer Begründung für ihre Entscheidung aus der katholischen Kirche auszutreten gefragt, die meisten schütten der erfahrenen Standesbeamtin aber doch ihr Herz aus. „Viele Leute versuchen sich trotzdem zu erklären. Weil dieses - ich nehme mir vor auszutreten - ist das eine. Wirklich hier zu sitzen und es zu tun, das andere. Für viele ist es zunächst schon komisch, wenn man es dann tatsächlich macht“. Die meisten Menschen seien einfach nur noch verärgert über das was aktuell in der katholischen Kirche passiert. „Die lassen ihrer Wut und Enttäuschung freien Lauf.“, schildert Nirschl. 2020 hatte das Bistum Passau insgesamt 4.014 ihrer Gläubigen verloren, im Vergleich mit dem Jahr davor zwar sogar etwas weniger, eine Trendumkehr ist für 2021 aber kaum zu erwarten und wohl schon gar nicht für 2022.

Seit Wochen werden die Gläubigen auch in unserer Region von immer neuen Skandal-Schlagzeilen erschüttert, nach dem ein Gutachten einer Münchner Anwaltskanzlei zu dem Schluss kam, dass offenbar über Jahrzehnte hunderte Missbrauchsfälle im oberbayerischen Erzbistum vertuscht und Täter statt Opfer geschützt wurden. Auch Aufklärungsbeteuerungen und Entschuldigungsversuche der damals und heute Verantwortlichen, scheinen kaum noch Gehör zu finden oder gar auf Verständnis zu stoßen. Und die katholische Kirche könnte noch länger nicht zur Ruhe kommen. Nach bekannt werden des Gutachtens haben sich inzwischen zahlreiche weitere mutmaßliche Missbrauchsopfer gemeldet. Auch die Münchner Anwaltskanzlei war bereits von einer hohen Dunkelziffer an bislang noch unbekannten Fällen ausgegangen. Das Vertrauen der Gläubigen in die katholische Kirche könnte also weiter auf eine harte Probe gestellt werden und die Zahl der Kirchenaustritte 2022 noch weiter ansteigen.


- JR


Stadt GrafenauFirmenpartner-GoldWAIDLER Partner GoldGrafenau

Quellenangaben

Bericht: Julia Reihofer
Fotos: Julia Reihofer
Bildupload: Julia Reihofer

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