Zu einem Austausch zwischen Politik und Wirtschaft hat sich der Bundestagsabgeordnete Thomas Erndl mit dem Deggendorfer Apotheker und IHK-Vizepräsidenten Toni Fink sowie IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner getroffen. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen dabei Lage und Ausblick der niederbayerischen Wirtschaft in der Corona-Krise. Handel und Tourismus haben sich laut Schreiner von den coronabedingten Einbrüchen noch nicht wieder erholt. Insgesamt zeichne sich ein sehr differenziertes Bild ab: „In der Hotellerie beispielsweise läuft es im Premiumbereich gut, im mittleren stabil und im unteren eher schlecht. Auch im Dienstleistungssektor ist die Lage sehr heterogen. Die Industrie hat sich als wichtige Stütze der Konjunktur erwiesen, aber mit Rohstoffmangel, Fragen der Energieversorgung oder dem weiterhin stark ausgeprägten Fachkräftemangel steht diese Branche vor anderen Herausforderungen. Insgesamt hat sich die heimische Wirtschaft zwar erholt und widerstandsfähig gezeigt, aber wir sind noch nicht überm Berg“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer. Sowohl IHK-Vizepräsident Fink als auch MdB Erndl äußerten in diesem Zusammenhang die Sorge vor einem neuen Lockdown im Herbst, der insbesondere bereits angeschlagene Unternehmen zweifellos stark schädigen würde.
Die Pandemie – auch das wurde in dem Gespräch deutlich – hat die Wirtschaft nicht nur vor neue Schwierigkeiten gestellt, sondern ebenso bestehende Probleme weiter verschärft. Fink sprach hier etwa den Einzelhandel in den Innenstädten und Ortskernen an: „Der Handel ist in keiner einfachen Situation. An den Leerständen in den Innenlagen sehen wir, dass sich ein seit langem abzeichnender Prozess beschleunigt hat. Wir müssen hier einen Dominoeffekt verhindern und den regionalen Handel stärken.“ Die IHK sei dafür in eine „Handelsoffensive“ mit unterschiedlichen Bausteinen und Beratungsangeboten gegangen, erläuterte der IHK-Vizepräsident. Erndl stimmte dem Befund zu und bezeichnete es als gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Verwaltung, die Innenstädte wieder attraktiver zu machen. Schreiner betonte, dass diese Attraktivität aus der Mischung von Kultur, Festen, Märkten, Einkauf und Gastronomie herrühre und damit Bereiche betreffe, die unter den Corona-Maßnahmen besonders gelitten hätten. Hier gelte es anzusetzen.
Über die Situation der niederbayerischen Wirtschaft unterhielten sich (von links) IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner, MdB Thomas Erndl, IHK-Vizepräsident Toni Fink und der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Graupe.
Schreiner verdeutlichte Erndl zudem die Verschiebungen, die Corona im Bereich der Ausbildung ausgelöst hat: „Viele junge Menschen gehen jetzt in den Pflegesektor, für den viel geworben wurde, oder den öffentlichen Dienst, weil sie dort die Sicherheit schätzen. Diese Nachwuchskräfte fehlen dann in der Wirtschaft.“ Die demographische Entwicklung sowie der Trend zu höheren Bildungsabschlüssen seien langfristige Entwicklungen, die die Suche nach Auszubildenden zusätzlich erschwerten. Erndl betonte dazu: „Die Gleichwertigkeit von dualer Ausbildung und Studium ist uns ein großes Anliegen. Wir müssen die Attraktivität der beruflichen Bildung wieder stärker hervorheben und die Betriebe mit den jungen Menschen in Kontakt bringen.“ Schreiner zeigte hier am Beispiel unterschiedlicher Projekte und Initiativen auf, wie die IHK an genau diesem Thema arbeitet.
Daneben drehte sich der Austausch um gesamtwirtschaftliche und internationale Themen von Elektromobilität bis Klimaschutz. Schreiner brachte dazu auf den Punkt, was sich die Unternehmen von der Politik erwarten: „Es sollte mit der Wirtschaft, nicht gegen sie gearbeitet werden.“