„On Tour“ fürs Glas: Jugendliche erkunden die Ausbildungschancen

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24.11.2015
Regen

Netzwerk Glas startete neues Projekt – Sieben Unternehmen im Landkreis Regen stellten sich dem Nachwuchs vor – Buben und Mädchen begeistert

„Ich war überrascht, was man aus Glas alles machen kann“, sagte der 13-jährige Fabian. Er war einer von etlichen Jugendlichen, die an der Ausbildungstour durch die Glasregion ARBERLAND teilnahmen und begeistert nach Hause kamen: Das Netzwerk Glas, in dem heimische Unternehmen aus der Glasbranche zusammenarbeiten und das seit heuer von der ARBERLAND REGio GmbH betreut wird, starteten das Projekt zum ersten Mal. Bei den angehenden Azubis kam die Idee an: In zwei Bussen tourten sie durchs ARBERLAND, eine der bedeutendsten Glasregionen in Bayern, und erfuhren in sieben Betrieben mehr über die Berufschancen vor der Haustür.

Glasbearbeitung in allen Facetten lernten die Jugendlichen bei der Ausbildungstour kennen. Bei der Zwiesel Kristallglas AG erfuhren sie beispielsweise, wie exklusive Trinkgläser gefertigt werden. Foto: Lang
Glasbearbeitung in allen Facetten lernten die Jugendlichen bei der Ausbildungstour kennen. Bei der Zwiesel Kristallglas AG erfuhren sie beispielsweise, wie exklusive Trinkgläser gefertigt werden. Foto: Lang 

Glas ist nicht Glas. Weltweit einzigartige Trinkgläser werden im Landkreis ebenso gefertigt wie Trophäen aus Kristallglas für Sportveranstaltungen rund um den Globus, Linsen für optische Systeme von Kameras oder Flugzeugen, High-Tech-Öfen oder Sondermaschinen zum Schmelzen von Glas für Neonröhren und mehr. Es gibt kleine Manufakturen mit wenigen Mitarbeitern und Industriebetriebe mit mehreren hundert Beschäftigten, traditionelles Handwerk und innovative Technik. Die Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten sind also so vielfältig wie der Werkstoff Glas selbst.
Produkte und Knowhow aus dem ARBERLAND sind gefragt – und die Firmen auf der Suche nach Azubis und Fachkräften. In Dubai, Australien oder Amerika ist Glas aus dem Bayerischen Wald begehrt, Firmen aus der Region zählen zu den Weltmarktführern. „Bei uns sind manche Betriebe aber wenig bekannt, gerade bei jungen Leuten. Kaum jemand weiß, wie viele Berufe im Glasbereich ausgebildet werden. Das möchten wir zusammen mit dem Netzwerk Glas ändern“, betonte Herbert Unnasch, Geschäftsführer der ARBERLAND REGio GmbH. Die Zeiten, in denen Betriebe stapelweise Bewerbungen bekommen, sind vorbei. Nicht nur, aber auch in der Glasbranche. „Die Jugendlichen sollen wissen, dass die Glas-Berufe Zukunft haben und dass es bei uns Top-Betriebe gibt“, erklärte Unnasch. Die neue Aktion zur Nachwuchsgewinnung wurde vom Bayerischen Wirtschaftsministerium und vom Förderverein Glas gefördert.

Auch optisches Glas spielt im ARBERLAND eine wichtige Rolle. Jeder Nanometer zählt bei Qioptiq in Regen, wo spezielle Linsen entstehen. Auch ARBERLAND REGio GmbH-Geschäftsführer Herbert Unnasch (vorne, rechts) und Wirtschaftsförderer Markus König (Mitte) waren fasziniert von den vielen Möglichkeiten rund ums Glas. Foto: Ebner
Auch optisches Glas spielt im ARBERLAND eine wichtige Rolle. Jeder Nanometer zählt bei Qioptiq in Regen, wo spezielle Linsen entstehen. Auch ARBERLAND REGio GmbH-Geschäftsführer Herbert Unnasch (vorne, rechts) und Wirtschaftsförderer Markus König (Mitte) waren fasziniert von den vielen Möglichkeiten rund ums Glas. Foto: Ebner

Schülerinnen und Schüler aus dem ganzen Landkreis machten mit, sie besuchen Mittel-, Realschulen, Gymnasien, die Glasfachschule oder machen sich bei der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB) fit fürs Arbeitsleben. Bei der Tour wurden sie von Herbert Unnasch, Regionalmanager Stephan Lang, Wirtschaftsförderer Markus König, Eva Peschl und Regine Domschke von der ARBERLAND REGio GmbH und Seminarleiterin Susanne Schönberger von der BvB begleitet. In den Betrieben lernten sie unter anderem die Ausbildung als Glasmacher, -veredler, -graveur, Verkäufer im Einzelhandel, Elektroniker für Betriebstechnik, Mechatroniker, Technischer Produktdesigner, Feinoptiker, Konstruktionsmechaniker, Anlagenführer oder Fachinformatiker kennen.

Die Idee, bei einer Ausbildungstour die Glasbetriebe im ARBERLAND und ihre Berufschancen kennenzulernen, kam an bei den Jugendlichen. Einen Tag lang erkundeten sie bei der Aktion des Netzwerks Glas zusammen die Glasunternehmen.
Die Idee, bei einer Ausbildungstour die Glasbetriebe im ARBERLAND und ihre Berufschancen kennenzulernen, kam an bei den Jugendlichen. Einen Tag lang erkundeten sie bei der Aktion des Netzwerks Glas zusammen die Glasunternehmen.
Der Aha-Effekt war bei den Jugendlichen groß, als sie Vertreter der Glasberufe in Aktion erlebten - mal mit der Glaspfeife vor dem Ofen, mal beim Polieren an der CNC-Maschine, beim Planen hochmoderner Anlagen am PC oder beim Austüfteln neuer Designideen. „In jedem Betrieb ging es ums Glas, trotzdem war alles anders, auch bei den Ausbildungsplätzen. Das war schon interessant“, fand Sascha. Dem 16-Jährigen gefiel es, mit Freunden einen ganzen Tag auf Tour zu gehen und mehr über 28 Berufe zu erfahren. „Wir kannten vorher nur wenige Betriebe“, gab Sascha zu. Auch Laura (18), die an der Glasfachschule Produktdesignerin lernt, schwärmte. „Ich möchte nach der Schule bei einem Glasbetrieb in der Region arbeiten. Die Ausbildungstour war eine super Gelegenheit, zu schauen, welche Möglichkeiten es gibt.“ Ihre Klassenkameradin Anika war ebenfalls begeistert. „Schon spannend, was die Betriebe machen.“ Anika weiß noch nicht, ob sie nach der Glasfachschule im Landkreis bleibt. „Wenn ein Betrieb passt, könnte ich es mir aber vorstellen“, betonte sie.

Glashandwerk hautnah: In der Glashütte Eisch durften die Schülerinnen und Schüler die Rohstoffe fühlen, selbst Glas blasen und besondere Schätze wie eine Riesenkaraffe bewundern. Foto(s): Ebner
Glashandwerk hautnah: In der Glashütte Eisch durften die Schülerinnen und Schüler die Rohstoffe fühlen, selbst Glas blasen und besondere Schätze wie eine Riesenkaraffe bewundern. Foto(s): Ebner

Firmenchefs, Ausbilder und Mitarbeiter nahmen sich viel Zeit für die Buben und Mädchen. Sie führten die Jugendlichen durch ihre Betriebe, versuchten sie für Glas in allen Facetten zu begeistern, beantworteten Fragen, zeigten Filme und stellten vor, worauf es bei der Ausbildung ankommt. Tour 1 führte in die Glashütte Eisch nach Frauenau, ins Glasdorf Weinfurtner in Arnbruck, zur UAS Messtechnik in Viechtach und zu Qioptiq nach Regen. Parallel dazu besuchte die zweite Gruppe Joska Kristall in Bodenmais, die IWG Ingenieurbüro Wagenbauer Glassofenbau GmbH in Zwiesel und die Zwiesel Kristallglas AG. Die Jugendlichen durften selbst gravieren, Rohstoffe für edle Gläser ertasten, ihre ersten Kugeln blasen, zuhören, wie man mit Glas Musik macht oder Figuren aus Glas ziehen. Sie erfuhren, wie viel Erfahrung man braucht, um aus der Glasmasse kunstvolle Formen zu fertigen, welch umfangreiches Wissen es erfordert, Glasschmelzöfen herzustellen und wie innovativ die Ideen der Glaskünstler sein müssen, um Erfolg zu haben.

Im Joska Glasparadies griffen die angehenden Azubis aus dem Landkreis selbst zur Glasmacherpfeife oder schauten einem Auszubildenden beim Gravieren edler Pokale über die Schulter. Foto(s): Lang
Im Joska Glasparadies griffen die angehenden Azubis aus dem Landkreis selbst zur Glasmacherpfeife oder schauten einem Auszubildenden beim Gravieren edler Pokale über die Schulter. Foto(s): Lang

„Unsere Arbeit ist so speziell, dass wir unseren Nachwuchs selbst ausbilden müssen“, verdeutlichte Markus Schreder, technischer Leiter der IWG Ingenieurbüro Wagenbauer Glasofenbau GmbH. Das Unternehmen liefert nach Indien, Russland, Peru, China und andere Nationen Öfen, in denen bis zu 1000 Tonnen Glas am Tag geschmolzen werden. Sie werden gebraucht, um die reflektierende Farbe für Markierungen auf der Fahrbahn, Linsen, Neonröhren, Spezialgläser, Glasflaschen oder Flacons herzustellen. Auch die Gläser von Julia und Eberhard Eisch gehen von der Glashütte Eisch, die 1946 entstand, in den Mittleren Osten, nach Kanada oder Neuseeland. „Glasmacher ist ein toller Beruf“, gab Eberhard Eisch den Jugendlichen mit auf den Weg. Der Familienbetrieb ist für seine Kunstwerke aus Glas, aber auch Sensis Plus-Gläser, in denen Wein sein Aroma besonders entfaltet, international bekannt. 500 Kilo Glas werden jeden Tag in der Glasmacherei von Joska Kristall verarbeitet, wie der kaufmännische Leiter Richard Muhr erklärte. In dem Bodenmaiser Unternehmen entstehen auch Pokale für große Sportveranstaltungen wie den Skiweltcup. Joska-Geschäftsführer Josef Kagerbauer machte klar, wie wichtig gutes Fachpersonal und eine eigene Ausbildung für ein Unternehmen sind. „In den Glasberufen geht es um Handwerk und Kunst. Wir bilden ständig Azubis aus, auch, damit das Knowhow nicht verloren geht.“

Hochmoderne Glasöfen und Schmelzanlagen für Glas fertigt die IWG Ingenieurbüro Wagenbauer GmbH für Firmen rund um den Globus. Bei der Ausbildungstour lernten die Jugendlichen das Firmengelände kennen. Foto: Lang
Wie vielfältig Glas in der Hohl-, Kelch- oder Flachglasfertigung ist, sahen die Schülerinnen und Schüler auch im Glasdorf Weinfurtner. „Wer einmal von Glas fasziniert ist, kommt nicht mehr davon los. Manche unserer Glasmacher fahren jeden Tag hunderte Kilometer, nur um mit Glas arbeiten zu können“, sagten Richard und Oscar Weinfurtner. Bei der Zwiesel Kristallglas AG zeigten technischer Ausbildungsleiter Felix Dolejsch und Johann Weny, Leiter der Handfertigung, in der Ofenhalle, wie von Hand Kristallgläser hergestellt werden und in den Produktionsgebäuden, wie innovative Glasherstellung maschinell funktioniert. Mittlerweile entstehen bei der Zwiesel Kristallglas AG 70 Millionen Gläser im Jahr. Die Ullrich GmbH, ein Partnerunternehmen, fertigt Scheinwerferlinsenrohlinge für die Xenon-Scheinwerfer von Autos.

Technisches Wissen ist in den Glasberufen ebenfalls gefragt, beispielsweise bei einer Ausbildung bei der UAS Messtechnik GmbH. Foto: Ebner
Technisches Wissen ist in den Glasberufen ebenfalls gefragt, beispielsweise bei einer Ausbildung bei der UAS Messtechnik GmbH. Foto: Ebner  

 

Die iPROTec GmbH, ebenfalls ein Partnerunternehmen, ist spezialisiert auf Sondermaschinen- und Anlagenbau. Die UAS Messtechnik in Viechtach ist weltweit in der Mess-, Steuer- und Regeltechnik tätig und bietet Komplettlösungen für die Glasindustrie. Geschäftsführender Gesellschafter Thomas Donaubauer und seine Mitarbeiter verdeutlichten die Vorteile, die eine Ausbildung in einem kleinen Betrieb hat. Spannend fanden die Jugendlichen auch den Besuch bei Qioptiq, wo innovative Optiklösungen wie Linsen für Kameras und Röntgengeräte entstehen, bei denen es auf Genauigkeit im Nanometer-Bereich ankommt. „Gerade in technischen Berufen rund ums Glas gibt es gute Zukunftschancen. Glas ist und bleibt ein spannender Werkstoff“, verdeutlichte Werkleiter Wolfgang Wilke.


- AB


ARBERLAND REGio GmbHRegen

Quellenangaben

Susanne Ebner
Redakteurin/Inhaberin Pressebüro THEXTEREI
Regener Straße 11a
94253 Bischofsmais
Tel. 0171/1941255

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